Politik

Anhörung zur Ukraine-Affäre Trump wütet gegen Ex-Botschafterin

Bei Nacht und Nebel aus Kiew abberufen: Die frühere US-Botschafterin Marie Yovanovitch schildert vor dem US-Repräsentantenhaus, wie Trump mit ihr umsprang.

Bei Nacht und Nebel aus Kiew abberufen: Die frühere US-Botschafterin Marie Yovanovitch schildert vor dem US-Repräsentantenhaus, wie Trump mit ihr umsprang.

(Foto: AP)

US-Präsident Trump hat sie geschmäht, bedroht und gefeuert. Vor dem Repräsentantenhaus schildert die frühere US-Botschafterin in Kiew, was ihr geschah, als sie nichts gegen Trumps Konkurrenten Biden unternehmen wollte. Noch während Yovanovitch spricht, greift Trump sie auf Twitter erneut wüst an.

Der in der Ukraine-Affäre zunehmend unter Druck stehende US-Präsident Donald Trump hat eine wichtige Zeugin auf Twitter angegriffen. Alles, was die Diplomatin Marie Yovanovitch angefasst habe, sei "schlecht" ausgegangen, schrieb Trump während der Aussage der ehemaligen US-Botschafterin in Kiew im Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses. Die 61-Jährige nannte den Tweet "sehr einschüchternd".

Yovanovitch wurde im Zuge der Untersuchung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump befragt. Der demokratische Vorsitzende des Ausschusses, Adam Schiff, sprach von Zeugenbeeinflussung. "Einige von uns nehmen Zeugeneinschüchterung sehr ernst", sagte er während der Anhörung. Eine Reporterfrage, ob dies auch ein Grund für die formelle Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens sein könnte, wollte er nicht beantworten. Schiff sprach aber von einer "Behinderung" der Untersuchung. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, spricht inzwischen von Hinweisen auf "Bestechung". Das Wort dürfte mit Bedacht gewählt sein: Die US-Verfassung nennt Bestechung ausdrücklich als einen Tatbestand für eine Amtsenthebung.

Das Weiße Haus sah sich zu einer öffentlichen Verteidigung des Präsidenten bemüßigt. "Der Tweet war keine Einschüchterung von Zeugen", erklärte Trumps Sprecherin, Stephanie Grisham. "Es war schlicht die Meinung des Präsidenten, zu der er berechtigt ist."

Verheerendes Bild vom US-Außenministerium

Yovanovitch, die als wichtige Figur in der Ukraine-Affäre gilt, hatte bereits in nichtöffentlicher Anhörung gesagt, sie habe sich nach Bekanntwerden des brisanten Telefonats von Trump mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj vom Juli dieses Jahres bedroht gefühlt. Trump hatte im Verlauf des Gesprächs gesagt, die frühere Botschafterin werde "einige Dinge durchmachen". Yovanovitch sagte: "Das klang wie eine Bedrohung." Auf die Frage, ob sie sich bedroht gefühlt habe, antwortete sie: "Das tat ich."

Yovanovitch hatte im Oktober vor dem US-Repräsentantenhaus erklärt, sie sei im Mai nach monatelangem Drängen durch Präsident Trump von ihrem Posten als Botschafterin in Kiew abberufen worden. Ihre vorzeitige Entfernung von dem Posten sei aufgrund von gegen sie vorgebrachten "gegenstandslosen und falschen Behauptungen" geschehen.

Die Ex-Botschafterin schilderte nun sehr detailliert ihre Absetzung: Sie habe am Abend des 24. April während eines Empfangs in der Botschaft einen Anruf des US-Außenministeriums erhalten. Sie sei aufgefordert worden, mit dem nächsten Flugzeug nach Washington zurückzukehren. Dort sei ihr gesagt worden, dass Trump das Vertrauen in sie verloren habe. "Es war furchtbar, das zu hören. Es wurde kein echter Grund genannt, warum ich gehen musste." Yovanovitch zeichnete auch ein verheerendes Bild des US-Außenministeriums, das "von innen ausgehöhlt" werde.

Ihrer Aussage zufolge war Yovanovitch nicht mit den Bestrebungen Trumps und von dessen Privatanwalt Rudy Giuliani einverstanden, sich aus der Ukraine möglicherweise kompromittierendes Material über den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und dessen früher für ein ukrainisches Gasunternehmen tätigen Sohn Hunter zu besorgen.

Republikaner: "Watergate-Fantasien der Demokraten"

Bei der Untersuchung geht es um den Vorwurf des Machtmissbrauchs gegen Trump. Er soll als Druckmittel US-Militärhilfen für die Ukraine zurückgehalten haben, um Selenskij zu Ermittlungen gegen Biden zu drängen. Die Demokraten wollen mit der Untersuchung den Weg für eine formelle Anklageerhebung gegen Trump durch das Repräsentantenhaus - das sogenannte Impeachment - bereiten.

Zum Auftakt der öffentlichen Anhörung sagte Schiff, Yovanovitch sei von Trump als "Hindernis" bei der Umsetzung seiner "persönlichen und politischen Agenda" betrachtet und deshalb entlassen worden. Der Republikaner Devin Nunes sprach dagegen von "Watergate-Fantasien" der Demokraten.

Trump wetterte eine Stunde nach Beginn der Anhörung auf Twitter gegen Yovanovitch. "Sie hat in Somalia angefangen, wie ist das ausgegangen?", schrieb er. Zudem hätten Präsidenten das "absolute Recht", Botschafter zu feuern. Zeitgleich zur Anhörung veröffentlichte das Weiße Haus ein Protokoll des ersten Telefonats von Trump mit dem neugewählten ukrainischen Staatschef Selenskyj. Darin gratulierte Trump am 21. April Selenskyj zur Wahl und lud ihn zu einem Besuch nach Washington ein. Anders als in dem brisanten Telefonat der beiden drei Monate später waren Trumps demokratischer Rivale Biden und dessen Sohn Hunter kein Thema.

Quelle: ntv.de, mau/AFP/dpa

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