Politik

Festnahmen im Gerichtssaal Trumps Richter-Kandidat sorgt für Tumulte

Zwischenrufe gab es allerhand bei der Anhörung.

Zwischenrufe gab es allerhand bei der Anhörung.

(Foto: AP)

Der Supreme Court gilt in den USA als eine Art Heiligtum der Demokratie: Er steht für die Deutungshoheit der Justiz über die Verfassung. Die Nominierung eines neuen Richters jedoch ist so politisch aufgeladen wie selten zuvor.

Die Nominierungsanhörung des stramm konservativen Kandidaten von US-Präsident Donald Trump für das Oberste Gericht hat mit Tumulten im Senat begonnen. Senatoren der oppositionellen Demokraten forderten lautstark eine Verschiebung der Anhörung: Sie begründeten dies damit, dass ihnen das Weiße Haus nicht genügend Dokumente zu Trumps Richterkandidat Brett Kavanaugh zur Verfügung gestellt habe. Außerdem führte die Polizei mehrere Demonstranten aus dem Saal, die immer wieder dazwischenriefen. Vor dem Gebäude hielten Demokraten eine symbolische Mahnwache.

Trump hatte im Wahlkampf versprochen, die Kräfteverhältnisse am Obersten Gericht dauerhaft nach rechts zu verschieben. Dies hätte potenziell tiefgreifende Folgen für das gesamte Land, da der Supreme Court bei vielen Schlüsselfragen - von der Abtreibung über das Gesundheitssystem bis zur Todesstrafe - das letzte Wort hat. Richter in dem neunköpfigen Gremium werden auf Lebenszeit ernannt.

Über 20 Demonstranten wurden vorläufig festgenommen.

Über 20 Demonstranten wurden vorläufig festgenommen.

(Foto: REUTERS)

"Er wird die entscheidende Stimme für einige der wichtigsten Themen unserer Zeit sein", sagte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein. Die Demokraten wollen Kavanaughs Berufung verhindern und verlangen weitere Informationen über seine frühere Tätigkeit als Rechtsberater im Weißen Haus unter Präsident George W. Bush. Insbesondere wollen sie wissen, ob der Jurist mit den rechtlich fragwürdigen Folterpraktiken zu tun hatte, derer sich die USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 bedienten.

"Das zeigt, wie absurd dieses Prozedere ist"

"Was haben sie zu verbergen, indem sie diese Dokumente unter Verschluss halten", rief der demokratische Senator Cory Booker zum Auftakt der Anhörung. Sein Kollege Richard Blumenthal sagte: "Ich verlange eine Verschiebung." Erfolg hatte die Opposition damit aber nicht.

Brett Kavanaugh bei der Anhörung.

Brett Kavanaugh bei der Anhörung.

(Foto: REUTERS)

  Nach Angaben der Demokraten hält das Weiße Haus zehntausende relevante Dokumente unter Verschluss. Am Vorabend der Anhörung leitete es dann 42.000 Unterlagen an die Senatoren weiter. "Das zeigt, wie absurd dieses Prozedere ist", sagte der demokratische Fraktionschef Chuck Schumer. "Kein Mensch wird es schaffen, diese Unterlagen bis morgen zu lesen."

Über 20 Festnahmen im Saal

Im Saal der Anhörung wurden mindestens 22 Menschen nach teils lautstarken Protesten wegen Ruhestörung vorläufig in Gewahrsam genommen. Dabei handelte es sich vorwiegend um Frauen, die Kavanaughs konservative Haltung zum Abtreibungsrecht kritisierten.

Kritik hagelte es auch an der Einstellung Kavanaughs etwa zur Wahlkampffinanzierung oder zum Waffenrecht. Hier gilt er wie der ebenfalls von Trump berufene Neil Gorsuch als Verfechter einer wörtlichen Auslegung der US-Verfassung. Im zweiten Verfassungszusatz hatten die Väter der Verfassung ein Recht auf Selbstverteidigung manifestiert, das allerdings nach Meinung von Kritikern einer modernen Interpretation nicht mehr in vollem Maße standhalten würde.

Erhofft sich Trump Kavanaughs Schutz?

Die Demokraten kritisierten vor allem, dass ihnen wichtige Dokumente zur Beurteilung der beruflichen Vergangenheit Kavanaughs gar nicht oder nur sehr spät zugegangen sind. Den Senatoren waren nur zwölf Stunden vor Beginn der Anhörung noch 42.000 Seiten Material zugänglich gemacht worden, das sich unter anderem mit Kavanaughs Arbeit als Mitglied der Administration von Präsident George W. Bush beschäftigte.

Der Jurist Kavanaugh könnte den Supreme Court dahingehend beeinflussen, dass er eine mögliche strafrechtliche Verfolgung Donald Trumps aus verfassungsrechtlichen Gründen verhindert – so die Sorge der Demokraten. Trump hatte erst am Montag mit neuen Tweets Öl ins Feuer gegossen, in denen er die Arbeit von Justizminister Jeff Sessions ein weiteres Mal kritisierte.

Sessions Justizministerium hatte zwei republikanische Kongressabgeordnete wegen Finanzkriminalität angeklagt. Die beiden Abgeordneten Duncan Hunter und Chris Collins, denen unter anderem Bereicherung aus Wahlkampfkassen vorgeworfen wird, hatten zu den ersten gehört, die sich im Wahlkampf 2016 hinter Donald Trump gestellt hatten. Der Präsident befürchtet nun, dass wegen der Vorwürfe und der geringen verbleibenden Zeit bis zu den Parlamentswahlen im November zwei wichtige Sitze für die Republikaner im Abgeordnetenhaus verloren gehen könnten.

Kritiker sehen in den Tweets eine unzulässige Einmischung des Präsidenten in die Arbeit der Justiz. Für Trump ist die Parlamentswahl entscheidend - sollten die Demokraten die Mehrheit im Abgeordnetenhaus gewinnen, könnte ihm ein Amtsenthebungsverfahren drohen, zumindest aber eine deutliche Erschwerung seiner Regierungsarbeit.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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