Neuer Bürgermeister für Hamburg Tschentscher folgt auf Scholz
09.03.2018, 20:22 Uhr
Peter Tschentscher ist seit 2011 Hamburgs Finanzsenator. Der SPD-Mann ist 52 Jahre alt, früher hat er als Arzt gearbeitet.
(Foto: dpa)
Bei der SPD wird kräftig routiert: Olaf Scholz wechselt nach Berlin und wird Finanzminister. Damit wird nicht nur sein Posten als Erster Bürgermeister in Hamburg frei, Scholz zieht sich auch komplett aus der Landespolitik zurück - nicht ohne Nachfolger vorzuschlagen.
Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher soll neuer Erster Bürgermeister der Hansestadt werden. Die Spitze der Hamburger SPD hat ihn als Nachfolger von Olaf Scholz im Amt des Regierungschefs nominiert. Dies teilte Scholz, der in der kommenden Woche als Bundesfinanzminister und Vizekanzler nach Berlin wechselt, nach einer Sitzung des SPD-Landesvorstands mit.
Zudem zieht sich Scholz vollständig aus der Landespolitik zurück. Der 59-Jährige erklärte, dass er neben dem Bürgermeisteramt auch den Parteivorsitz aufgeben will. Neue SPD-Chefin der Hansestadt soll Sozialsenatorin Melanie Leonhard werden.
Tschentscher sei "der richtige Mann" für die Fortsetzung der Regierungsarbeit, sagte Scholz. Der Landesvorstand habe einvernehmlich für ihn gestimmt. Tschentscher selbst bezeichnete die Nominierung als "große Ehre", die er "sehr gerne" annehme. Der 52-Jährige kündigte an, den Wohnungsbau werde unter seiner Führung ein Schwerpunkt der Senatsarbeit bleiben. Dieses Thema sei in einer Metropole wie Hamburg eine entscheidende "sozialpolitische Maßnahme".
Tschentscher gilt als versierter Finanzexperte, der gemeinsam mit Scholz maßgeblich dafür Sorge trug, dass der rot-grüne Senat seinem Ziel der "Schwarzen Null" stetig näherkam. Als Sprecher der Finanzressortchefs der SPD-geführten Länder hat sein Wort auch bundesweit Gewicht, derzeit hat er den Vorsitz der Finanzministerkonferenz inne. Der 52-Jährige gilt als ruhiger, detailversessener Politiker und ähnelt darin dem Noch-Amtsinhaber Scholz.
Tschentschers Nominierung überrascht
Damit Tschentscher neuer Landesvater wird, muss er von einem Parteitag am 24. März bestätigt werden. Danach muss noch die Bürgerschaft darüber abstimmen.
Die Personalie Tschentscher kommt für die meisten Rathausbeobachter sehr überraschend, galt SPD-Fraktionschef Andreas Dressel doch als klarer Favorit für die Scholz-Nachfolge. Doch Dressel sagte aus familiären Gründen ab. Er habe sich in den vergangenen Tagen noch einmal "sehr intensiv geprüft" und "zu Hause" beraten, sagte er nach der Sitzung des SPD-Landesvorstands. Er habe drei Kinder und abgewogen, was "möglich ist". Dressel soll Tschentscher nun als neuen Finanzsenator ablösen.
Nach Informationen des "Hamburger Abendblatts" hatte neben Dressel auch die ebenfalls gehandelte Sozialsenatorin Leonhard zuvor abgewinkt. CDU-Landeschef Roland Heintze kommentierte: "Das Ganze wird zunehmend zur Posse. Die SPD hat offensichtlich Schwierigkeiten, den Posten zu besetzen."
Kritik zum Abschied
Die Opposition sparte zum Abschied von Scholz nicht mit Kritik. Sie hofft auf einen Politikwechsel.
Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus warf Scholz vor: "Zuhören, andere Meinungen einholen, auf Gesprächspartner zugehen - das konnte Olaf Scholz nicht." Das müsse der Bürgermeister einer großen, weltoffenen Stadt wie Hamburg aber können. "Für seinen Nachfolger gibt es viel zu kitten."
Die FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein monierte, Scholz' Nachfolger erbe viele ungelöste Probleme. "Die Entwicklung des Wirtschaftsmotors Hafen muss aktiver gefördert werden, in der Bildungspolitik sollte Hamburg ideologischen Ballast abwerfen, und unsere Stadt braucht dringend ein Gesamtkonzept gegen den drohenden Verkehrskollaps."
Der CDU-Oppositionsführer André Trepoll sieht im Personalwechsel eine Chance für Hamburg. Mit dem Weggang von Scholz sei das Ende des rot-grünen Projekts Hamburg eingeläutet, hatte er im Vorfeld erklärt. Scholz sei von der Mehrheit der Wähler eigentlich für fünf Jahre gewählt worden. "Viele Hamburger haben nicht die SPD, sondern Olaf Scholz gewählt. Egal wer ihm jetzt im Amt nachfolgt, die Legitimation der Wähler fehlt", kritisierte er.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP