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Kommende Generationen gefährdet UN warnt: Israels Krieg könnte Gaza um 69 Jahre zurückwerfen

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Vertriebene Palästinenser fliehen mit ihren Familien und Habseligkeiten aus dem nördlichen Teil des Gazastreifens. (Archivbild)

Vertriebene Palästinenser fliehen mit ihren Familien und Habseligkeiten aus dem nördlichen Teil des Gazastreifens. (Archivbild)

(Foto: Mahmoud Issa/SOPA Images via ZUM)

Eindringliche Warnung: Ein Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen errechnet, dass der Krieg im Gazastreifen das Land im Hinblick auf Lebenserwartung, Bildung und Einkommen auf das Niveau von 1955 zurückwerfen könnte. Der Leiter der UN-Abteilung sieht "eine ernsthafte Entwicklungskrise".

Die Auswirkungen des Krieges Israels im Gazastreifen könnten "über 69 Jahre Fortschritt" in der Enklave zunichtemachen, warnen die Vereinten Nationen in einem neuen Bericht. Sie sagen voraus, dass Indikatoren wie Lebenserwartung, Bildung, Einkommen und Lebensstandard auf ein Niveau sinken könnten, das mit dem Jahr 1955 vergleichbar wäre.

Das Entwicklungsprogramm der UN (UNDP) erklärte, dass die palästinensische Wirtschaft ohne "Aufhebung der Wirtschaftsbeschränkungen, Ermöglichung des Wiederaufbaus und Investitionen in die Entwicklung möglicherweise nicht in der Lage sein wird, das Vorkriegsniveau wiederherzustellen und sich allein durch humanitäre Hilfe" weiterzuentwickeln.

"Die Prognosen in dieser neuen Bewertung bestätigen, dass sich neben dem unmittelbaren Leid und dem schrecklichen Verlust von Menschenleben auch eine ernsthafte Entwicklungskrise abzeichnet – eine Krise, die die Zukunft der Palästinenser für kommende Generationen gefährdet", sagte Achim Steiner, Leiter des UN-Entwicklungsprogramms.

2,61 Millionen neu verarmte Menschen

Laut des Berichts könnte Ende des Jahres die Entwicklung in den Palästinensergebieten, gemessen am Human Development Index (HDI), auf das Niveau des Jahres 2000 sinken; die Entwicklung wäre also um 24 Jahre zurückgeworfen worden. Für Gaza wird ein Rückgang des HDI auf einen Wert prognostiziert, der für das Jahr 1955 geschätzt wurde und über 69 Jahre Fortschritt zunichtemachen würde. Für das Westjordanland entspricht der Entwicklungsverlust 16 Jahre, könnte sich aber noch weiter verschlechtern, wenn die militärischen Übergriffe auf das Westjordanland zunehmen.

Das UNDP errechnete gemeinsam mit der UN-Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien (UNESCWA), dass die Armut in den Palästinensergebieten im Jahr 2024 schätzungsweise noch auf 74,3 Prozent ansteigen wird, wovon 4,1 Millionen Menschen betroffen sein werden, darunter 2,61 Millionen Menschen, die neu verarmt sind. Außerdem werde das Bruttoinlandsprodukt 2024 im Vergleich zu einem Szenario ohne Krieg um 35,1 Prozent schrumpfen, wobei die Arbeitslosigkeit möglicherweise auf 49,9 Prozent steigen werde.

Laut des Berichts könne ein umfassender Plan, der humanitäre Hilfe mit strategischen Investitionen in Sanierung und Wiederaufbau kombiniert, die palästinensische Wirtschaft auf einen Sanierungskurs bringen, um sie bis 2034 wieder mit den ursprünglichen palästinensischen Entwicklungsplänen in Einklang zu bringen. Allerdings nur, wenn wirtschaftliche Beschränkungen aufgehoben werden und die Sanierungsbemühungen uneingeschränkt voranschreiten können.

"Lösung finden, in der alle Menschen in Frieden und Würde leben"

"Unsere Bewertungen dienen dazu, Alarm zu schlagen angesichts der Millionen von Menschenleben, die zerstört werden, und der jahrzehntelangen Entwicklungsbemühungen, die zunichtegemacht werden", sagte Rola Dashti, Exekutivsekretärin der UNESCWA. "Es ist höchste Zeit, das Leid und Blutvergießen zu beenden, das unsere Region überschattet. Wir müssen uns zusammenschließen, um eine dauerhafte Lösung zu finden, in der alle Menschen in Frieden und Würde leben und von einer nachhaltigen Entwicklung profitieren können und in der das Völkerrecht und die Gerechtigkeit endlich gewahrt werden."

Der UN-Bericht kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sowohl Bundesaußenministerin Annalena Baerbock als auch der US-Außenminister Anthony Blinken den Nahen Osten besuchen. Blinken sei vor Ort, um "die Notwendigkeit zu betonen, einen neuen Weg zu beschreiten, der es den Palästinensern ermöglicht, ihr Leben wieder aufzubauen und ihre Ziele frei von der Tyrannei der Hamas zu verwirklichen", wie das US-Außenministerium mitteilte.

Israel hat am 7. Oktober 2023 einen Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen begonnen, nachdem die Terrororganisation den Süden Israels angegriffen, 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Geiseln genommen hatte. Die israelische Offensive hat nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mehr als 42.000 Menschen im Gazastreifen getötet, den Großteil der Bevölkerung vertrieben und große Teile der Enklave dem Erdboden gleichgemacht.

Quelle: ntv.de, dbe

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