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Mariupol als Ferienort? US-Institut sieht russischen "Pyrrhussieg"

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Bald ein Ferienort? Die Reste des Stahlwerks in Mariupol.

Bald ein Ferienort? Die Reste des Stahlwerks in Mariupol.

(Foto: AP)

Die russischen Truppen haben Mariupol fast dem Erdboden gleichgemacht. Nun wollen die Besatzer offenbar noch die Reste des Stahlwerks abreißen und die Stadt in einen Ferienort verwandeln. Forscher sind sich sicher: Russland hat sich bei der Einnahme der Stadt um wichtige wirtschaftliche Vorteile gebracht.

Die russischen Besatzungsbehörden in Mariupol wollen offenbar das Stahlwerk Asowstal abreißen und die Stadt in einen Ferienort verwandeln. Laut der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) würde Russland dadurch um einige der wichtigsten wirtschaftlichen Vorteile gebracht werden, die es sich von der Einnahme der Stadt erhofft hatte.

Wie die Stadtverwaltung von Mariupol auf Telegram schreibt, plant der Chef der Donezker Volksrepublik, Denis Puschilin, Asowstal nach der vollständigen Eroberung dem Erdboden gleichzumachen. Die Besatzer wollten damit "jede Erinnerung an die Heldentaten des ukrainischen Militärs "auslöschen". Dabei interessierten sie sich nicht für die Entwicklung von Mariupol, für sie sei die Stadt nur wichtig als Korridor zur Krim. Wie es bei der Stadtverwaltung weiter heißt, soll Mariupol zum "Ferienort" werden. Pushilin habe aber eingeräumt, dass 60 Prozent der Strukturen in der Hafenstadt so zerstört seien, dass sie nicht wieder aufgebaut werden könnten.

Das Stahlwerk Asowstal geht auf die 1930er Jahre zurück und war vor dem Krieg eines der größten Hüttenwerke Europas sowie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Ukraine. Bis zu Beginn des Krieges produzierte das Werk mit Tausenden Arbeitsplätzen jährlich Millionen Tonnen Stahl und Eisen.

Der angekündigte Plan, Mariupol in ein Tourismuszentrum zu verwandeln, zeigt nach Angaben der US-Denkfabrik ISW, welchen Schaden die russischen Truppen durch die Zerstörung von Mariupol angerichtet haben. Dabei brauche Russland keinen weiteren Ferienort am Schwarzen Meer, so die Forscher. "Es braucht die Art von harter Währung, die eine Anlage wie Asowstal generiert hatte. Diese Ankündigung verkörpert die Art von Pyrrhussiegen, die die russischen Streitkräfte in der Ukraine errungen haben, sofern sie überhaupt Siege errungen haben."

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Möglicherweise hofft der Kreml, so heißt es weiter, die Einnahmeverluste aus Asowstal durch Gewinne aus dem von seinen Streitkräften beschlagnahmten Kernkraftwerk Saporischschja ausgleichen zu können. Der stellvertretende russische Ministerpräsident Marat Chusnullin hatte bei seinem Besuch in Melitopol am Mittwoch angekündigt, dass er die Region Saporischschja bestmöglich unterstützen werde, um in einer "freundlichen russischen Familie" zu arbeiten. Chusnullin fügte hinzu, dass das Kernkraftwerk Saporischschja ausschließlich für Russland arbeiten und Strom an die Ukraine verkaufen werde.

Laut dem ISW ist diese Erklärung "ein klares russisches Eingeständnis", dass es am Ende des Krieges eine unabhängige Ukraine geben soll und Russland versucht, seinen energiepolitischen Einfluss auf die Ukraine und möglicherweise den Westen im Allgemeinen wiederherzustellen.

Quelle: ntv.de, ghö

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