Vermutlich in Gewahrsam US-Soldat rennt über Grenze nach Nordkorea
18.07.2023, 14:16 Uhr Artikel anhören
Der Mann nutzte wohl eine Gelegenheit bei einer Tour in die entmilitarisierte Zone zwischen Nordkorea und Südkorea in Panmunjom.
(Foto: IMAGO/Pond5)
In der entmilitarisierten Zone zwischen Nordkorea und Südkorea kommt es zu einem seltenen Zwischenfall. Wie die US-Streitkräfte berichten, läuft ein US-Soldat bei einer Tour über die Grenze nach Nordkorea. Dort wird er wohl festgenommen.
Bei dem US-Bürger, der bei einer Besichtigungstour die stark gesicherte Grenze von Süd- nach Nordkorea übertreten hat, handelt es sich um einen US-Soldaten. Der US-Soldat habe die Demarkationslinie bei einem Besuch der entmilitarisierten Zone zwischen beiden Staaten "absichtlich und ohne Erlaubnis" überquert, erklärte ein Sprecher der US-Streitkräfte. Er befinde sich derzeit vermutlich in nordkoreanischem Gewahrsam.
Die US-Armee arbeite mit den nordkoreanischen Streitkräften zusammen, "um diesen Vorfall aufzulösen", erklärte der Sprecher weiter. Der US-Sender CBS berichtete, der Soldat habe in Südkorea vorübergehend in Militärhaft gesessen und hätte aus disziplinarischen Gründen aus dem Land gebracht werden sollen. Es sei ihm aber nach Passieren der Sicherheitskontrollen am Flughafen gelungen, umzukehren und sich einer Besuchergruppe in die entmilitarisierte Zone anzuschließen. Dort sichern eigentlich Soldaten der jeweiligen Seite die streng bewachte Grenze, die ohne Genehmigung nicht überschritten werden darf.
"Ein Staatsangehöriger der USA überquerte auf einer JSA-Orientierungstour ohne Genehmigung die militärische Demarkationslinie in die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK)", teilte das UN-Kommando zuvor auf Twitter mit. "Wir glauben, dass er sich derzeit in DVRK-Gewahrsam befindet, und arbeiten mit unseren KPA-Kollegen zusammen, um diesen Vorfall aufzuklären." KPA ist die Abkürzung für die Volksarmee im abgeschotteten Nordkorea, die kommunistisch regierte Demokratische Volksrepublik Korea.
Dass Menschen aus Nordkorea in den Süden flüchten, kommt immer wieder vor. Dass sich jemand in den Norden begibt, ist jedoch äußerst selten. Am Neujahrsmorgen 2022 lief ein Mann laut südkoreanischem Militär den ungewöhnlichen Weg in den kommunistischen Staat - und kehrte später offenbar zurück.
Erinnerungen an Otto Warmbier
Die beiden koreanischen Staaten sind seit dem Korea-Krieg von 1950 bis 1953 an der Demarkationslinie geteilt. Nord- und Südkorea waren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus der sowjetischen und der amerikanischen Besatzungszone in Korea hervorgegangen, die der Annexion durch Japan folgten. Nord- und Südkorea beanspruchten beide die rechtliche Nachfolge des einstigen koreanischen Kaiserreiches. Im sich daraus entwickelnden Korea-Krieg standen die USA an der Seite Südkoreas, China wurde Verbündeter Nordkoreas. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag.
Vor diesem Hintergrund und wegen der seit Jahren anhaltenden Spannungen auch wegen Nordkoreas Atomprogramm und seiner Raketentests können solche Vorfälle eine größere Bedeutung erhalten - wie der Fall des US-Studenten Otto Warmbier. Dieser war während einer Nordkorea-Reise festgenommen und im März 2016 zu 15 Jahren Schwerstarbeit verurteilt worden, weil er versucht haben soll, ein Propaganda-Banner zu stehlen. Im Juni 2017 kam Warmbier wieder frei. Zum Zeitpunkt seiner Entlassung lag er mit schweren Hirnschäden im Koma. Er verstarb mit 22 Jahren innerhalb einer Woche nach seiner Rückkehr in die USA.
Die Todesursache ist unklar, seine Familie lehnte eine Obduktion ab und wirft Nordkorea Misshandlungen vor. Das US-Außenministerium untersagt seither Reisen nach Nordkorea und begründet dies mit "der weiterhin hohen Gefahr einer Festnahme und langfristigen Inhaftierung von US-Bürgern".
Quelle: ntv.de, rog/rts/AFP