Politik

Keine Korridore nach Russland Ukraine lehnt russischen Evakuierungsplan ab

Für die Evakuierung von Zivilisten hätte ab 10 Uhr eine Waffenruhe gelten sollen.

Für die Evakuierung von Zivilisten hätte ab 10 Uhr eine Waffenruhe gelten sollen.

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

Zwei Evakuierungsversuche großer ukrainischer Städte scheitern. Mit einer Waffenruhe will Russland den dritten Anlauf wagen, dabei allerdings Zivilisten über die belarussische oder russische Grenze in Sicherheit bringen. Für die Ukraine ist das keine Option.

Die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk hat die russische Initiative zur Einrichtung von Fluchtkorridoren nach Russland bestätigt und zugleich kritisiert. Ein entsprechendes Schreiben sei am Sonntag in Kiew eingegangen, sagte sie. "Das ist keine annehmbare Variante der Öffnung von humanitären Korridoren", erklärte Wereschtschuk. Die Ukrainer würden nicht aus den nördlich von Kiew gelegenen Orten nach Belarus fahren, um dann per Flugzeug nach Russland gebracht zu werden. Zuvor waren bereits zwei Evakuierungsversuche gescheitert, weil sich offenbar beide Seiten nicht an die Feuerpause gehalten hatten.

Wereschtschuk sagte, sie habe Russland vorgeschlagen, Fluchtkorridore innerhalb der Ukraine in den Westen zu öffnen. Die Waffenruhe hätte ab 10 Uhr Ortszeit (9 Uhr MEZ) gelten sollen. "Wir verlangen von der Russischen Föderation die Eröffnung von Möglichkeiten für humanitäre Korridore, über die (...) Medikamente und Lebensmittel gebracht werden können", sagte sie.

Nach Angaben des ukrainischen Außenministeriums sind nahe der Kiewer Vorstadt Irpin bei einem Versuch zur Einrichtung eines "grünen Korridors" acht Zivilisten getötet worden. Der Bürgermeister von Butscha, Anatolij Fedortschuk, sei verletzt worden.

Mit der Fortdauer des Kriegs müssten nach Angaben des ukrainischen Präsidialamtes mehrere Hunderttausend Ukrainerinnen und Ukrainer sofort aus ihren Städten evakuiert werden. Es gebe bereits mehrere Dutzend Städte in acht Regionen im Land, in denen die humanitäre Situation katastrophal sei, berichtete die ukrainische Internetzeitung "Ukrajinska Prawda" unter Berufung auf Kommentare aus dem Präsidialamt.

Macron: "Reine Heuchelei"

Alleine aus der südlichen Hafenstadt Mariupol und dem nahe gelegenen Wolnowacha sei ein humanitärer Korridor für die Ausreise von mehr als 200.000 Menschen geplant gewesen, hieß es weiter. Allerdings konnten praktisch keine Evakuierungen durchgeführt werden, beide Seiten warfen sich am Samstag und am Sonntag gegenseitig eine Verletzung der notwendigen Feuerpause vor. Die Evakuierungen wurden deshalb zunächst ausgesetzt. Das Präsidialamt hat laut "Ukrajinska Prawda" Russland zudem vorgeworfen, die humanitären Korridore als Vorwand zu benutzen, um die eigenen militärischen Positionen zu stärken und die Ukraine vollständig zu erobern.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Putin "moralischen und politischen Zynismus" vorgeworfen. "Ich kenne keine Ukrainer, die nach Russland fliehen wollten, dass ist reine Verlogenheit", sagte Macron dem Sender TF1. "Das ist eine bloße PR-Nummer, die ich verachte." Es gehe darum, dass Helfer Zugang zu den Konfliktzonen bekämen und dass es einen vollständigen Waffenstillstand geben müsse, um die Menschen in Sicherheit zu bringen. Sogenannte Korridore einzurichten, die gleich wieder angegriffen würden, sei "reine Heuchelei", meinte Macron.

Quelle: ntv.de, mba/dpa

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