SPD dringt auf Freigabe Schwarz-Rot ringt um Hilfsgelder für Palästinenser
19.09.2025, 13:41 Uhr Artikel anhören
Kanzler Merz und die zuständigen Minister Klingbeil und Wadephul hatten den Zahlungen laut SPD bereits zugestimmt.
(Foto: picture alliance / Andreas Gora)
Berichten zufolge steht die Palästinensische Autonomiebehörde kurz vor dem Zusammenbruch. Das SPD-geführte Entwicklungsministerium will finanzielle Hilfe leisten. Die Union sieht noch Klärungsbedarf und stoppt das Vorhaben vorerst.
Um für die Palästinensische Autonomiebehörde den Ausfall der von Israel blockierten Steuereinnahmen teilweise zu kompensieren, schlägt Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan eine deutsche Soforthilfe in Höhe von 30 Millionen Euro vor. Das Geld solle nach ihren Vorstellungen über einen Mechanismus der EU ausgezahlt und für die Zahlung von Gehältern im Gesundheits- und Bildungsbereich im Westjordanland eingesetzt werden, hieß es aus Koalitionskreisen.
Endgültig entschieden ist darüber aber den Angaben zufolge bisher nicht. Vielmehr hieß es aus Kreisen der schwarz-roten Koalition, das Entwicklungsministerium stehe dazu in enger Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt, dem Auswärtigen Amt und dem Bundesfinanzministerium. Die Autonomiebehörde befinde sich in einer "akuten finanziellen Notlage", sagte eine Sprecherin des Entwicklungsministeriums. Die geplante Hilfe könne aus dem Etat des Ministeriums bereitgestellt werden.
"Wir sehen aktuell noch Klärungsbedarf, was diese Mittel betrifft. Humanitäre Hilfe ist wichtig, aber es muss klar sein, in welche konkreten Projekte die Gelder fließen, und zwar bevor diese Mittel bewilligt werden. Projekte, die Israels Sicherheit gefährden, müssen klar ausgeschlossen sein", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann der "Bild". Der stellvertretende Regierungssprecher, Sebastian Hille, sagte: "Wir warten jetzt ab, was da im Bundestag läuft."
Zusage nach Besuch im Westjordanland
Alabali Radovan hatte Israel Ende August während einer Nahost-Reise mit Nachdruck aufgefordert, zurückgehaltene Steuergelder an die Autonomiebehörde auszuzahlen. Die Regierung von Präsident Mahmud Abbas in Ramallah stehe unter einem beispiellosen politischen und finanziellen Druck, sagte die Ministerin damals. Ein Kollaps der Autonomiebehörde würde im Westjordanland Raum für weitere Instabilität öffnen, warnte sie.
Experten befürchten, dass die islamistische Hamas aus einer solchen Situation politisches Kapital schlagen könnte. Deutschland werde angesichts der Lage zusätzliche Hilfen für den Haushalt der Autonomiebehörde prüfen und über zusätzliche Hilfen auch innerhalb der EU beraten, kündigte die SPD-Politikerin damals an.
Autonomiebehörde vor dem Zusammenbruch
Die stellvertretende SPD-Außenpolitikerin und Parlamentarische Geschäftsführerin Derya Türk-Nachbaur drängte zuletzt auf die Auszahlung der Mittel. "Diese Hilfen sind zugesagt worden, und ich finde, die sind auch unbedingt nötig, wenn sie die humanitäre Katastrophe in den palästinensischen Gebieten sehen", sagte Türk-Nachbaur den Sendern RTL und ntv. Die geplanten Zahlungen hätten die Unterstützung von Merz, Klingbeil und auch von Bundesaußenminister Johann Wadephul.
"Diese Zusagen sind natürlich an Bedingungen gebunden, das ist klar", sagte die SPD-Abgeordnete. Die radikalislamische Hamas dürfe "auf keinen Fall eine Rolle spielen in den palästinensischen Gebieten". Türk-Nachbaur sagte, die Koalitionspartner würden das Thema in Gesprächen "gemeinsam lösen". Es gebe darüber in die Koalition "keinen Krach", sondern lediglich "Diskussionsbedarf", und dies sei "absolut in Ordnung".
Im Rahmen des Oslo-Friedensprozesses in den 1990er Jahren war vereinbart worden, dass Israel Steuern und Zölle im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen erhebt und diese an die Autonomiebehörde weiterleitet. Außenminister Johann Wadephul hatte die israelische Regierung bereits bei einem Besuch Anfang August aufgefordert, die seit Mai komplett blockierten Steuergelder, die den Palästinensern rechtmäßig zustehen, weiterzugeben. Die Europäische Union knüpft ihre Unterstützung für die Autonomiebehörde über den sogenannten Pegase-Mechanismus an Reformen und sieht Regeln für die Kontrolle der Verwendung der Gelder vor.
Quelle: ntv.de, gri/dpa/AFP