Umfrage nach den Protesten Viele Iraner angeblich gegen Regimewechsel
05.02.2018, 19:32 Uhr
Frauen beim Feiern des Revolutions-Jubiläums - wie groß ist der Rückhalt für die Islamische Republik?
(Foto: picture alliance / dpa)
Meinungsumfragen in autoritären Ländern wie dem Iran sind schwer durchzuführen, jetzt hat ein Umfrageinstitut die Menschen nach den jüngsten Protesten dort trotzdem befragt. Das Ergebnis: das System der Islamischen Republik ist weniger am wanken, als gedacht.
Nach den jüngsten Protesten im Iran mit mehr als 3500 Verhaftungen und mindestens 18 Toten hat ein Umfrageinstitut erstmals Ergebnisse veröffentlicht, die einen Einblick in die aktuelle politische Stimmungslage der Islamischen Republik geben sollen. Die zentralen Themen der Umfrage sind der wirtschaftliche und politische Zustand, sowie die Verteidigungspolitik und die internationalen Beziehungen des Landes.
Laut der Umfrage, die das Umfrageinstitut Iranpoll gemeinsam mit dem Center for International and Security Studies at Maryland (CISSM) veröffentlichte, gibt es in der Bevölkerung vergleichsweise wenig Rückhalt für einen Regimewechsel oder eine Lockerung der islamischen Gesetzgebung: Nur etwa einer von fünf Befragten (21,7 Prozent) spricht sich dafür aus, dass die islamischen Gesetze keine strenge Anwendung finden sollten. Gut jeder Neunte (11,3 Prozent) findet, die Politik greife zu stark in das Privatleben der Menschen ein. Nur etwa 17 Prozent sind der fundamentalen Veränderung des politischen Systems gegenüber aufgeschlossen beziehungsweise befürworten diese.
Ein Drittel der Befragten spricht sich indes für eine strenge Bestrafung der Demonstranten aus, die während der Proteste islamkritische Slogans riefen. Zwei Drittel fordern generell ein härteres Durchgreifen gegenüber Protestlern. Diese Zahlen sind nicht unumstritten - auf Twitter werden die Ergebnisse unter dem Hashtag #FakeIranPoll bereits in Zweifel gezogen.
Misstrauen gegenüber den USA
Starke Zustimmung gab es laut Umfrage für die wirtschaftlichen Themen der Demonstranten: Fast 70 Prozent halten den ökonomischen Zustand des Landes für schlecht. Mehr als acht von zehn Iraner finden, dass die Regierung mehr gegen Korruption und steigende Lebensmittelpreise tun muss. Bei dem Ranking der größten Probleme des Landes landete das Thema Arbeitslosigkeit mit großen Abstand auf Platz eins.
Gegenüber den USA herrscht ein generelles Misstrauen: Obwohl der Großteil der Iraner laut Umfrage an dem Atom-Deal festhalten möchte, bezweifeln 86 Prozent, dass die USA sich an die Vereinbarungen halten wird. Das Land gilt bei 80 Prozent als unbeliebt, Deutschland gegenüber sind zwei Drittel der Befragten positiv eingestellt.
Während der Proteste war auch Kritik an der Verteidigungspolitik der iranischen Regierung laut geworden: "Verlasst Syrien, denkt an uns" und "Nicht Gaza, nicht Syrien, nicht Libanon, wir opfern uns nur für den Iran", lauteten die Slogans unter anderem. Laut Umfrage sind noch etwa 50 Prozent der Meinung, dass sowohl der syrische Machthaber Bashar al-Assad, als auch die Huthis im Jemen weiterhin militärisch vom Iran unterstützt werden sollten. Über 60 Prozent sind der Meinung, dass das militärische Engagement in Syrien und im Irak von nationalem Interesse ist. Fast 65 Prozent sind der libanesischen Hisbollah positiv oder eher positiv gegenüber eingestellt.
Für die Umfrage wurden nach Angaben von Iranpoll gut 1000 iranische Haushalte nach dem Zufallsprinzip angerufen. Die Durchführung von Meinungsumfragen in autoritären Ländern mit stark eingeschränkter Meinungsfreiheit wie dem Iran gestaltet sich häufig schwierig. "Propaganda" gegen die Regierung, die tatsächliche oder vermeintliche Beleidigung des Revolutionsführers, sowie Homosexualität und Frauenrechte gelten dort zum Beispiel als Tabuthemen. Das Justizsystem schreckt Oppositionelle mit willkürlichen Festnahmen, Misshandlungen und Folter ab. Iranpoll ist ein kanadisches Umfrageinstitut mit Sitz in Toronto und neun Büros in unterschiedlichen iranischen Städten.
Quelle: ntv.de, sra