Endet slowakische Militärhilfe? Wahlsieger Fico will Ukraine keine Waffen mehr schicken
01.10.2023, 16:02 Uhr Artikel anhören
Fico war schon einmal Premier in der Slowakei.
(Foto: picture alliance/dpa/CTK)
Die Slowakei war bis zu der Wahl einer der entschlossensten Unterstützer der Ukraine. Unter Wahlsieger Fico könnte sich das ändern: Der prorussische Ex-Premier fordert ein Ende der Waffenhilfe. Doch vorher muss er die passenden Koalitionspartner finden.
Der slowakische Wahlsieger Robert Fico hat ein Ende der Militärhilfen seines Landes für die Ukraine angedeutet. "Wir bleiben dabei, dass wir bereit sind, der Ukraine auf humanitäre Weise zu helfen", sagte Fico in Bratislava. "Wir sind bereit, beim Wiederaufbau des Staates zu helfen, aber Sie kennen unsere Meinung zur Bewaffnung der Ukraine." Das NATO-Land Slowakei habe wichtigere Probleme als die Ukraine. Aber seine Partei werde alles tun, damit es zu Friedensgesprächen komme.
Die Partei des linksgerichteten und prorussischen Ex-Ministerpräsidenten Fico hat die Parlamentswahl in der Slowakei gewonnen. Nach Auszählung von 99,98 Prozent der Wahlbezirke liegt Ficos linksnationale Smer-Partei mit fast 23 Prozent vor der liberalen Partei Progressive Slowakei (PS) mit knapp 18 Prozent. Entscheidend für die Regierungsbildung könnte die mit etwa 15 Prozent drittplatzierte Partei "Stimme - Sozialdemokratie" (Hlas-SD) werden, deren Vorsitzender Peter Pellegrini sich nicht auf mögliche Koalitionen festgelegt hat.
Die liberalere sozialdemokratische Partei hatte sich vor drei Jahren von Ficos Smer-SSD abgespalten. Einig sind sich Fico und Pellegrini darin, dass die Slowakei einen starken Sozialstaat braucht. In der Frage der Ukraine-Hilfe gehen ihre Ansichten aber auseinander. Während Fico dem Nachbarland nur noch mit zivilen Gütern helfen will, steht Pellegrini ähnlich positiv zur Militärhilfe wie die bürgerlichen Parteien. Er hat gegenüber Fico noch den Trumpf im Ärmel, dass er auch mit der neu ins Parlament einziehenden liberalen Partei "Progressive Slowakei" eine Koalition bilden könnte.
Sorgen nicht nur in Kiew, sondern auch in Brüssel
Fico hingegen steht keine andere Koalitionsmöglichkeit offen. Vor allem von Hlas-SD wird daher abhängen, wer die nächste Regierung führt. Pellegrinis Vizeparteichef Erik Tomas sagte in einem TV-Interview, Hlas-SD sei bereit zu Koalitionsverhandlungen mit Ficos Partei. Pellegrini schwächte aber kurz danach ab, er sei auch für Gespräche mit anderen Parteien offen, wenn diese seine Forderungen akzeptierten. In jedem Fall wird für eine Parlamentsmehrheit aber noch mindestens eine weitere Partei benötigt.
Neben diesen drei stärksten Parteien schafften noch vier kleinere den Sprung ins Parlament in Bratislava. Die rechtspopulistische und prorussische "Slowakische Nationalpartei" SNS hatte schon vor der Wahl angekündigt, mit Ficos Smer in eine gemeinsame Regierung gehen zu wollen. Die drei anderen Kleinparteien sind hingegen entschiedene Gegner Ficos. Sie könnten einer Koalition zwischen PS und Hlas-SD zu einer Mehrheit gegen Fico verhelfen. Damit wäre auch die weitere militärische Unterstützung der Ukraine gesichert.
Die Koalitionsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung könnten zwei Wochen dauern, sagte Fico. Staatspräsidentin Zuzana Caputova kündigte an, Fico mit der Regierungsbildung zu beauftragen.
In Brüssel wird befürchtet, dass Fico sich mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban verbünden könnte. Das wiederum erhöht die Möglichkeit einer Konfrontation mit der EU über Rechtsstaatlichkeit, den Krieg in der Ukraine und Migrationsthemen. Bisher war die Slowakei einer der entschlossensten politischen wie auch militärischen Unterstützer des von Russland angegriffenen Nachbarlands.
Quelle: ntv.de, ses/rts/dpa