Politik

Schlacht um Industrie-Zentrum Warum Putin den Donbass erobern will

Im Donbass setzte nach der russischen Annexion der Krim 2014 ein Aufstand von Separatisten ein.

Im Donbass setzte nach der russischen Annexion der Krim 2014 ein Aufstand von Separatisten ein.

(Foto: picture alliance/dpa/Russian Defence Ministry)

Der Donbass, zu dem die Gebiete Donezk und Luhansk gehören, verfügt über riesige Kohle- und Metallerzvorkommen. Seit 2014 wird das Gebiet von russischen Separatisten besetzt. Nun will Moskau die selbsternannten "Volksrepubliken" annektieren - aus mehreren Gründen.

Jahrzehntelang war das Gebiet im Osten der Ukraine vor allem für seine Kohlevorräte bekannt, seit 2014 ist der Donbass Schauplatz einer dramatischen militärischen Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine. Seit mehr als acht Jahren kontrollieren pro-russische Separatisten einen Teil des großen Steinkohle- und Industriegebiets.

Im Februar dieses Jahres, kurz vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, erkannte Moskau die von den Separatisten ausgerufenen "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk an. Es war der letzte Schritt vor dem militärischen Angriff auf die gesamte Ukraine.

Nun kündigten die pro-russischen Separatisten im Donbass an, ab Freitag bis kommende Woche Referenden zur Annexion der Region durch Russland abzuhalten. Ein Überblick:

Doppelt so groß wie Belgien

Der Donbass, Kurzform für Donezbecken, umfasst ein fast 55.000 Quadratkilometer großes Gebiet und ist damit etwa doppelt so groß wie Belgien. Zum Donbass gehören die beiden ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk, die seit 2014 in Teilen von pro-russischen Separatisten kontrolliert werden.

Das Gebiet an der Grenze zu Russland, das sich bis zu der seit Mai vollständig von russischen Truppen besetzten Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer erstreckt, verfügt über riesige Kohle- und Metallerzvorkommen. Seine wirtschaftliche Entwicklung begann im 19. Jahrhundert mit der Entdeckung der ersten Kohlevorkommen.

Vor dem Ende der Sowjetunion war der Donbass deren industrielles Zentrum. Seine wichtigste Stadt ist das von Abraumhalden umgebene Donezk. Bis 2014 war Donezk zugleich einer der wichtigsten Stahl-Produktionsorte der Ukraine.

Russischsprachige Bevölkerung

Im Donbass leben hauptsächlich russischsprachige Menschen. Geschichtliche Ursache dafür ist, dass zu Sowjetzeiten viele russische Arbeiter in die Bergwerke geschickt wurden. Seit Beginn des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine im Jahr 2014 haben zudem viele ukrainisch sprechende Einwohner die Region verlassen.

Kreml-Chef Wladimir Putin begründet seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine regelmäßig unter anderem mit dem Hinweis, die russischstämmigen oder russischsprachigen Menschen in der Region müssten geschützt werden. Der Regierung in Kiew warf er vor, in der Ostukraine einen "Genozid" an der russischen Bevölkerung zu begehen, was sowohl von der Ukraine als auch vom Westen zurückgewiesen wurde.

Bewaffneter Konflikt seit 2014

In der Region setzte nach der russischen Annexion der Krim 2014 ein Aufstand von Separatisten ein, die nach Einschätzung des Westens von Anfang an von Moskau mit Waffen und auch Kämpfern unterstützt wurden. In den Jahren danach wurden bei Gefechten zwischen den pro-russischen Rebellen und der ukrainischen Armee mehr als 14.000 Menschen getötet. Bereits 2014 riefen die Rebellen die "unabhängigen Volksrepubliken Luhansk und Donezk" aus. Über Jahre waren sie von keinem Staat anerkannt worden, auch nicht von Russland.

Minsker Abkommen gebrochen

Nach intensiven diplomatischen Bemühungen Deutschlands und Frankreichs wurden 2014 und 2015 die Minsker Abkommen geschlossen. Demnach sollten die Rebellengebiete einen hohen Grad an Autonomie bekommen, zugleich aber Wahlen unter ukrainischem Recht erfolgen.

Es blieb bei Absichtserklärungen, beide Seiten machten sich gegenseitig für das Scheitern der Vereinbarungen verantwortlich. Auch mehrere über die Jahre ausgehandelte Feuerpausen hielten nicht lange an.

Am 21. Februar zog Putin den Schlussstrich unter die Minsker Abkommen und verkündete die Anerkennung der beiden Separatisten-Gebiete durch Russland. Am frühen Morgen des 24. Februar begann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nun sollen die selbsternannten "Volksrepubliken" per Referenden formell von Moskau annektiert werden. Die Scheinreferenden sollen nach Angaben der pro-russischen Separatisten ab Freitag bis zum 27. September abgehalten werden.

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 20. September 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, can/AFP

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