Politik

Sicherheitsdebatte in Australien Warum fiel Scheich Haron durchs Raster?

In früheren TV-Auftritten fiel Scheich Haron als wirrer Redner auf.

In früheren TV-Auftritten fiel Scheich Haron als wirrer Redner auf.

(Foto: dpa)

Ein offensichtlich geistig verwirrter Iraner - der Justiz bekannt und bereits durch radikalislamische Bekenntnisse aufgefallen - nimmt Geiseln und bringt Australiens Sicherheitsarchitektur ins Wanken. Die Behörden müssen sich unangenehme Fragen gefallen lassen.

Nach dem ersten Schock ist in Australien die Debatte über Ursachen und Folgen der Geiselnahme von Sydney in vollem Gange. Viele Menschen sind empört über den laxen Umgang der Behörden mit dem schon zuvor als Extremist bekannten Täter, dem selbst ernannten Scheich Haron. Der Iraner hatte ein Café überfallen und 17 Geiseln stundenlang in seiner Gewalt. Bei der Erstürmung durch die Polizei wurde er erschossen.

"Das System ist mit diesem Mann nicht richtig umgegangen", räumte Regierungschef Tony Abbott ein. "Die Tragödie dieser Gräueltat ist, dass zwei Menschen tot sind, dass Leute verletzt sind, dass andere traumatisiert sind, weil dieser Verrückte frei auf unseren Straßen rumlaufen konnte." Warum der Mann auf freiem Fuß war, werde jetzt untersucht, um Konsequenzen daraus zu ziehen.

Scheich Haron, auch bekannt als Man Haron Monis oder Mohammed Hassan Manteghi, war vorbestraft, weil er Familien von in Afghanistan gefallener Soldaten Hassbriefe geschrieben hatte. Zudem waren Verfahren wegen Beihilfe zum Mord und sexueller Übergriffe anhängig. In beiden Fälle wurde er im laufenden Prozess auf Kaution freigelassen. Auch die Terrorabwehr wurde offenbar nicht auf ihn aufmerksam, obwohl er laut Medienberichten auf seiner Website klare Bekenntnisse zum IS veröffentlicht hatte.

Iran bat um Auslieferung von Scheich Haron

Derweil wurde bekannt, dass sich der Iran vor 14 Jahre vergeblich um eine Auslieferung Scheich Harons bemüht hatte. "Da wir kein Auslieferungsabkommen haben, sind sie unseren Forderungen nicht nachgekommen", sagte der Chef der iranischen Polizei, Gen Ismail Moghaddam einer iranischen Nachrichtenagentur. Der Täter genoss seit 1996 Asyl in Australien, sah sich wegen seiner Auslegung des Islams im Iran verfolgt. Er wurde in seiner Heimat wegen verschiedener Delikte, unter anderem wegen Betrugs gesucht. Scheich Haron soll, damals noch unter anderem Namen, als Leiter eines Reisebüros Kundengelder veruntreut haben.

Parallel zur Diskussion über den Täter wurden in Sydney die konkreten Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärkt. Mehrere hundert zusätzliche Polizisten wurden auf die Straßen der Stadt geschickt, besonders an große Plätze und in den Nahverkehr. Einsatzleiter Michael Fuller sagte, es gehe darum, dass die Bevölkerung sich in diesen "schwierigen Zeiten" sicher fühle und die Polizei in der Nähe wisse.

Es gehe den Beamten vor allem um eine "sichtbare" starke Polizeipräsenz, sagte der Beamte. Derzeit sind wegen der anstehenden Weihnachtsfeiertage und der berühmten Silvester-Feierlichkeiten zahlreiche Touristen in der Stadt. Fuller sagte weiter, es gebe keinen Grund anzunehmen, dass sich solch eine Tragödie wie die Geiselnahme in einem Lindt-Café am Martin Place wiederhole. "Aber wir alle haben die Gesichter der Menschen am Martin Place gesehen und sie haben Angst."

Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen