Regierung der extremen Kräfte Was die radikale Koalition von Netanjahu plant
29.12.2022, 20:09 Uhr
Die neue rechts-religiöse Regierung bereitet vielen Israelis Kopfzerbrechen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Schon zum sechsten Mal führt Benjamin Netanjahu eine israelische Regierung an. Für seine Rückkehr an die Macht zahlt er einen hohen Preis. In seinem Kabinett finden sich rechtsextreme und vorbestrafe Kräfte wieder. Sie erhalten weitreichende Befugnisse.
Für seine Rückkehr an die Macht hat Israels frisch vereidigter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen ultraorthodoxen und rechtsradikalen Koalitionspartnern weitreichende Zugeständnisse gemacht. Die Koalitionsvereinbarungen hat bei der Opposition einen Aufschrei aus gelöst, denn sie sehen gravierende Änderungen der bisherigen Politik vor, insbesondere in den Bereichen Verteidigung, Sicherheit, Siedlungsbau, Justiz, Religion und Erziehung.
Verteidigung und Sicherheit
Bezalel Smotrich, Chef des rechtsextremen Bündnisses Religiöser Zionismus, erhält weitreichende Kontrolle im besetzten Westjordanland. Von einem neu geschaffenen zweiten Ministerposten im Verteidigungsministerium aus wird er die Oberaufsicht über die zivilen Angelegenheiten in dem Palästinensergebiet ausüben. Der scheidende Verteidigungsminister Benny Gantz warnte vor einer Schwächung von Israels Sicherheit durch die Neuaufteilung des Ressorts.
Itamar Ben Gvir, Vorsitzender der rechtsextremen Partei Jüdische Kraft, erhält als Minister für nationale Sicherheit die Zuständigkeit für die Polizei und kann demnach ihre "allgemeinen Handlungsgrundsätze" festlegen. Sein Ministerium soll zudem über einen Zeitraum von sieben Jahren ein zusätzliches Budget von 45 Milliarden Schekel (12,8 Milliarden Dollar) erhalten.
Ben Gvirs Partei will dem Parlament noch vor der Verabschiedung des Haushalts 2023 ein neues Gesetz vorlegen, wonach des "Terrorismus" überführte Verdächtige die Todesstrafe erhalten können.
Westjordanland und Palästinenser
Die Regierung will innerhalb von 60 Tagen als illegal geltende und ohne bisherige Regierungsgenehmigung errichtete Siedlungen im besetzten Westjordanland anerkennen.
Für die Belange jüdischer Siedler im Westjordanland soll zudem nicht mehr das Militär zuständig sein. Sie sollen stattdessen einer zivilen Abteilung des Verteidigungsministeriums unterstellt werden.
Justiz
Vor der Vereidigung der Regierung wurde rasch ein Gesetz verabschiedet, das die Übernahme eines Ministeramtes trotz einer nachweislich begangenen Straftat erlaubt - sofern derjenige keine Freiheitsstrafe erhielt. Dies kommt Arie Deri zugute, dem Chef der ultraorthodoxen Schass-Partei: Er ist in der neuen Regierung Gesundheits- und Innenminister, obwohl er sich mehrerer Steuervergehen schuldig bekannt hat.
Verhältnis von Staat und Religion
Die neue Regierung könnte die Kriterien für die Erlangung der israelischen Staatsbürgerschaft verschärfen. Vorschläge sehen Änderungen des israelischen "Rückkehrgesetzes" vor - der Grundlage für die Einwanderung nach Israel.
Ein weiteres neues Gesetz würde es Unternehmen erlauben, Dienstleistungen aus religiösen Gründen zu verweigern. Zudem soll die Finanzierung der Jeschiwas, der jüdischen religiösen Schulen, in den Staatshaushalt aufgenommen werden. Auch sind Gesetze geplant, die die Trennung von Männern und Frauen in öffentlichen Räumen erlauben sollen.
Bildung und Erziehung
Der Chef der rechtsextremen Partei Noam, Avi Maoz, wird Direktor einer neuen Regierungsabteilung zur Förderung der "Nationalen Jüdischen Identität". Er wird damit verantwortlich für Lehrtätigkeiten oder Vorträge an Schulen, zu denen extern eingeladen wird. Maoz' Noam-Partei ist feindselig gegenüber sexuellen Minderheiten eingestellt.
Quelle: ntv.de, chr/AFP