Defizite bei der Bundeswehr Wehrbeauftragte "bestürzt" über Ausrüstungsmängel
15.03.2022, 15:27 Uhr
Die aktuell knapp 184.000 Soldatinnen und Soldaten sind schlecht ausgerüstet.
(Foto: picture alliance/dpa)
Wenn Bundeswehrsoldaten zu Einsätzen fahren, kommen sie dort oft nur mit der Hälfte ihrer benötigten Geräte an, Schutzwesten müssen teilweise nachgeschickt werden. Die Wehrbeauftragte Högl zeigt sich schockiert über das Ausmaß der Mängel und fordert nicht nur beim Waffensystem ein Umdenken.
Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine mahnt die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl von der SPD, eine dringende Beseitigung von Ausstattungsmängeln bei der Bundeswehr an. Der Krieg führe vor Augen, "wie konkret der Frieden bedroht ist", sagte Högl bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin. "Das bedeutet, dass die Bundeswehr bei ihrem Kernauftrag, nämlich der Landes- und Bündnisverteidigung, so gefordert sein wird wie nie." Dafür brauche sie "die besten Rahmenbedingungen" bei Material, Ausrüstung und Infrastruktur.
Högl berichtete von gravierenden Ausrüstungsmängeln, die ihr bei Besuchen von Bundeswehrverbänden im Auslandseinsatz - etwa in Mali und Niger - aufgefallen seien. "Ich war entsetzt, dass nicht einmal im Einsatz alles parat ist", sagte sie. In ihrem Jahresbericht schreibt Högl: "Sehr bestürzt haben mich Berichte von Soldatinnen und Soldaten über materielle Defizite in allen drei Einsatzgebieten." Die Einsatzbereitschaft von Großgeräten habe "teilweise nur knapp 50 Prozent" betragen. "Alltägliche Ausrüstungsgegenstände wie Schutzwesten oder Winterjacken wurden mitunter erst in das Einsatzgebiet nachgeschickt. Das ist völlig inakzeptabel, und das muss verbessert werden."
Als "gute Nachricht" begrüßte Högl in der Pressekonferenz das geplante 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr. "Diese enorme Summe ist eine Riesenchance", sagte sie. "Mit diesem Geld soll die volle Einsatzbereitschaft wiederhergestellt werden", sagte Högl. "Mit diesem Geld kann finanziert werden, was in der Truppe dringend benötigt wird."
Bürokratie abbauen
Die neuen Mittel müssten "zügig" und "sinnvoll" eingesetzt werden, mahnte Högl. Eindringlich riet sie dazu, sich beim Erwerb neuer Waffensysteme für auf dem Markt verfügbare Angebote zu entscheiden und auf langwierige Eigenentwicklungen zu verzichten, die dann "vielleicht erst 2050" einsatzbereit wären.
Angesichts der Dringlichkeit müsse die Bundeswehr außerdem bürokratische Hürden abbauen und die Beschaffungsprozesse deutlich beschleunigen. Sie gehe davon aus, dass der "brutale Angriffskrieg in unserer unmittelbaren Nähe" das Bewusstsein dafür schärfe, "wie wichtig militärische Abschreckung ist und wie wichtig es ist, dass die Bundeswehr flott gemacht wird", sagte Högl.
Die Wehrbeauftragte unterstützt den Bundestag bei der Kontrolle der Bundeswehr. Sie fungiert zugleich als Ansprechpartnerin für die aktuell knapp 184.000 Soldatinnen und Soldaten und kümmert sich darum, dass deren Grundrechte gewahrt werden.
Quelle: ntv.de, can/AFP