Neue Auslandseinsätze? Wehrbeauftragter sieht "erhebliche Risiken"
06.10.2014, 07:43 Uhr
Sie fliegen noch: Vier Eurofighter über dem Bundeswehrflugplatz Rostock-Laage.
(Foto: dpa)
Der Wehrbeauftragte Köngishaus sieht weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr höchst kritisch. In seinen Augen bestehe die Gefahr, dass die Streitkräfte in eine Abwärtsspirale gerieten. Ministerin von der Leyen nimmt er jedoch in Schutz.
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus, hat vor weiteren Auslandseinsätzen der Bundeswehr gewarnt. "Ich weiß nicht, wie bestimmte Einsätze gestemmt werden sollten, ohne dass wir noch weitere Überlastungen hinnehmen müssten", sagte Königshaus den "Ruhr Nachrichten". Es bestehe die Gefahr, dass die Bundeswehr in eine Abwärtsspirale hineingerate.
Die Bundeswehr könne in vielen Bereichen nicht mehr ausbilden, "weil alle Kraft, immer mehr Gerät und immer mehr Personal" für die Einsätze benötigt werden. "Jeder neue Auftrag verschärft diese Situation natürlich noch weiter. Einsätze im Nordirak und in der Ostukraine sind mit erheblichen Risiken verbunden", sagte der Wehrbeauftragte. Das Verteidigungsministerium hatte am Samstag Pläne bestätigt, im Irak ein Ausbildungszentrum zu erreichten und in der Ostukraine Drohnen einzusetzen.
In der Debatte über Ausrüstungsmängel der Truppe nahm Königshaus Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Schutz. "Die Probleme lagen über Jahre hinweg offen auf dem Tisch. Alle, die in der Vergangenheit in diesem Bereich Verantwortung getragen haben, haben mit dazu beigetragen", sagte er den "Ruhr Nachrichten".
Fatale Folgen insbesondere für die Instandhaltung des Geräts hätte die Haushaltssperre 2010 gehabt. Auch die Industrie trage eine Mitverantwortung, "wenn sie nicht pünktlich liefert und die Vereinbarungen nicht einhalten kann". An vielen Stellen müssten nun die Soldaten den schlechten Zustand des Materials ausbaden.
"Viele Soldaten sind enttäuscht"
Gleichzeitig nahm der Wehrbeauftragte die Ministerin in die Pflicht. "Viele Soldaten sind enttäuscht und frustriert. Frau von der Leyen hat mit ihrer Ankündigung große Hoffnungen geweckt, die Bundeswehr attraktiver zu machen", sagte Königshaus. Die Ministerin dürfe diese Hoffnungen jetzt nicht enttäuschen.
Ein großes Problem in den vergangenen Jahren sei auch gewesen, "dass Finanzmittel im Milliardenbereich an den Finanzminister zurückgeflossen sind, weil sie nicht ausgegeben werden konnten". Damit hätte viel für die bessere Ausstattung der Kasernen getan werden können, so Königshaus. "Viele Kasernen erinnern eher an ein Technikmuseum und nicht an die Bundeswehr aus den Werbefilmen."
Auch Grüne kritisch
Auch die Grünen sehen weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr kritisch. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte die Pläne von der Leyens für neue Auslandseinsätze der Bundeswehr als Ablenkungsmanöver. "Im Moment habe ich den Eindruck, dass Ursula von der Leyen zunächst mal von dem Desaster ablenken will, was sie gerade zu bewältigen hat", sagte sie im Deutschlandfunk.
In den vergangenen Wochen waren massive Mängel und Pannen bei der Ausrüstung der Bundeswehr bekanntgeworden. Ein Expertengutachten, das vcn der Leyen an diesem Montag entgegennimmt, listet 140 Probleme und Risiken bei den größten Rüstungsprojekten der Bundeswehr auf.
Das Gutachten sei nicht nötig gewesen, sagte Göring-Eckardt. In einer kürzlich gestarteten Anfrage an das Verteidigungsministerium sei deutlich geworden, dass die laufenden Rüstungsvorhaben eine Verspätung von insgesamt 1400 Monaten hätten und dass sie 4,3 Milliarden Euro mehr kosten würden als geplant. Es sei derzeit unklar, ob es für die Bundeswehr überhaupt technisch möglich sei, weitere Einsätze zu leisten, so Göring-Eckardt.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP