Attentat auf Juden in Düsseldorf Wehrhahn-Anschlag: Verdächtiger gefasst
01.02.2017, 11:21 Uhr
Rettungskräfte an der S-Bahnstation nach dem Anschlag.
(Foto: picture alliance / Christian Ohl)
Im Juli 2000 explodiert an der S-Bahnstation Wehrhahn in Düsseldorf eine Rohrbombe, zehn Menschen werden zum Teil schwer verletzt. Nun fasst die Polizei einen Verdächtigen.
Fast 17 Jahre nach dem Bombenanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn mit überwiegend jüdischen Opfern hat die Polizei einen Verdächtigen festgenommen. Das teilten die Behörden mit. Ein Richter habe Untersuchungshaft für den 50-Jährigen Ralf S. aus Ratingen angeordnet. Dabei handele es sich um einen Rechtsradikalen, der bereits unmittelbar nach der Tat festgenommen worden war, aber mangels ausreichender Beweise wieder freigelassen werden musste, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft und bestätigte Medienberichte.
Dem mutmaßlichen Bombenleger wird versuchter Mord in zwölf Fällen vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft am Nachmittag mitteilte. Er soll im Gefängnis mit seiner Tag geprahlt haben. Ralf S. habe wegen einer anderen Straftat im Gefängnis gesessen und den Anschlag einem Mitgefangenen in der Haftanstalt gestanden
Der Verdächtige betrieb damals in der Nähe des Tatorts einen Militaria-Laden und galt als Waffennarr. Weitere Details wollen die Behörden am Nachmittag bekanntgeben.
Am 27. Juli 2000 um 15.04 Uhr war am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn eine Rohrbombe explodiert, gefüllt mit dem Sprengstoff TNT. Ein Metallsplitter drang in den Bauch einer schwangeren Frau ein und tötete ihr ungeborenes Baby. Die Frau schwebte in Lebensgefahr. Der Splitterhagel reichte 100 Meter weit. Insgesamt wurden zehn Menschen verletzt - überwiegend jüdische Einwanderer aus Osteuropa. Die Opfer kamen vom Deutschunterricht an einer Sprachschule.
Trotz gewaltigen Ermittlungsaufwands gelang es jahrelang nicht, die Tat aufzuklären. Im Sommer 2015, 15 Jahre nach dem Bombenanschlag, hatten die Ermittler noch einmal neue Ansätze verfolgt. Beweisstücke, darunter das deformierte Geländer, an dem die Bombe hing, sollten erneut und mit den zwischenzeitlich verbesserten technischen Methoden auf verwertbare DNA-Spuren untersucht werden. Der Geländerabschnitt, an dem die Bombe hing, war herausgeschnitten und als Asservat verwahrt worden. Ein Spezialeinsatzkommando nahm den 50-Jährigen Ralf S. fest. Was nun schließlich den Verdacht gegen ihn erhärtet hat, teilten die Behörden zunächst nicht mit.
Wenige Monate nach dem Wehrhahn-Anschlag war in Düsseldorf ein Brandanschlag auf die dortige Synagoge verübt worden. Daraufhin war Bundeskanzler Gerhard Schröder in die Landeshauptstadt geeilt und hatte einen "Aufstand der Anständigen" gefordert. Die Ermittler hatten beim Wehrhahn-Anschlag verschiedene Hypothesen verfolgt. Neben einer rechtsextremen Motivation hatten sie auch einen möglichen islamistischen Hintergrund überprüft. Zudem war spekuliert worden, die Tat könnte von einer mafiaartigen osteuropäischen Gruppierung begangen worden sein.
Nach Bekanntwerden der Mordserie des rechtsextremen NSU war intensiv geprüft worden, ob auch der Wehrhahn-Anschlag auf das Konto des Neonazi-Trios gehen könnte. Erhärten ließ sich dies nicht.
Quelle: ntv.de, bdk/dpa