Politik

Panzerfäuste, Haubitzen & Co. Welche Waffen bekommt die Ukraine?

Die Waffen für die Ukraine sind nicht gerade neu, gehören aber teilweise zu den meistgenutzten weltweit.

Die Waffen für die Ukraine sind nicht gerade neu, gehören aber teilweise zu den meistgenutzten weltweit.

(Foto: Collage)

Um sich gegen die russische Armee verteidigen zu können, benötigt die Ukraine Waffen. Eine Forderung, die auch der ukrainische Außenminister Kuleba noch einmal deutlich gemacht hat. Aber welche Waffensysteme gehen an die Ukraine und wie funktionieren sie?

Beim außenpolitischen Treffen der NATO in Brüssel hat der ukrainische Außenminister, Dmytro Kuleba, darauf hingewiesen, dass auf seiner Liste mit Blick auf den Krieg gegen Russland nur drei Themen stehen: "Waffen, Waffen, Waffen". Die Forderung ist eine Gratwanderung. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg wies darauf hin, dass die Ukraine natürlich einen Verteidigungskrieg führe und deshalb der Unterschied zwischen Angriffs- und Verteidigungswaffen nicht von großer Bedeutung sei. "Wir haben aber auch die Verantwortung", so Stoltenberg, "zu verhindern, dass sich dieser Konflikt über die Ukraine hinaus ausweitet und noch tödlicher, noch gefährlicher und zerstörerischer wird".

Aber welche Waffen werden in die Ukraine geliefert, um sich gegen die russische Armee zu erwehren? Die letzte Nachricht war, dass Tschechien sowjetische Panzer vom Typ T-72 liefert. Aber auch andere Waffensysteme werden bereitgestellt. Was sie können und was sie noch taugen, ist sehr unterschiedlich zu bewerten.

Panzer T-72

Die Produktion des T-72 begann in der Sowjetunion im Jahr 1972.

Die Produktion des T-72 begann in der Sowjetunion im Jahr 1972.

(Foto: dpa)

Wirklich neu ist der T-72 nicht. In seiner Nomenklatur versteckt sich nämlich auch sein Produktionsbeginn. Im Jahr 1972 wurden von der Maschinenbau- und Rüstungsfirma Uralwagonsawod die ersten Panzer vom Typ T-72 an die Sowjetarmee geliefert und dort in Dienst gestellt. Im Rahmen des Warschauer Vertrages, der als Gegengewicht zur NATO im Jahr 1970 von den sozialistischen Staaten des Ostens unter der Ägide der UdSSR ins Leben gerufen wurde, durfte der T-72 dann auch in Polen, der Tschechoslowakei und in Jugoslawien gebaut werden. Nach Beginn der Serienproduktion im Jahr 1974 wurde der Panzer ständig modernisiert und den unterschiedlichen Möglichkeiten der Nutzerstaaten angepasst. Insofern ist an dieser Stelle nicht zu sagen, aus welchem Jahr, mit welcher Ausrüstung und in welchem Zustand sich die T-72 befinden.

Angetrieben wird der T-72 von einem 38,88-Liter-12-Zylinder-Dieselmotor mit Turboaufladung. Die maximale Leistung beträgt 780 PS, bei späteren Modellen stieg sie auf 840 PS. Die Tanks und Reservefässer des T-72 fassen insgesamt 1590 Liter Treibstoff, was eine Reichweite von 550 Kilometern möglich macht. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 60 km/h auf der Straße und 36 km/h im Gelände. Bei der Panzerung handelt es sich um eine Verbundpanzerung, die ab 1980 zusätzlich mit einer Reaktivpanzerung verstärkt wurde. Zudem wurde die Panzerung mit jeder neuen Generation um einige Millimeter verstärkt.

Der T-72 wurde auch in der Tschechoslowakei gebaut.

Der T-72 wurde auch in der Tschechoslowakei gebaut.

(Foto: dpa)

Die Hauptwaffe des T-72 ist eine 125-Millimeter-Kanone vom Typ D-81TM. Hierbei handelt es sich um eine Glattrohrkanone, deren Höhenrichtbereich minus 6 Grad und plus 14 Grad beträgt. Die Kampfbeladung für die Kanone beträgt insgesamt 44 Schuss. 22 Schuss befinden sich im Ladekarussell im Wannenboden unter dem Turm, weitere 22 an verschiedenen Plätzen im Kampfraum. Der Ladeautomat des T-72 gilt als sehr zuverlässig.

In der Regel sollen 2200 Ladezyklen am Stück fehlerfrei laufen. Je nach Entfernungsmesser und benutzter Munition ist der Richtschütze in der Lage, Ziele in einer Entfernung zwischen 500 bis 4000 Meter mit einer Abweichung von 2 bis 10 Metern zu treffen. Zur Sekundärbewaffnung des T-72 zählt ein Maschinengewehr mit einem Kaliber von 7,62 Millimetern, das sogenannte PKT, und ein 12,7-Millimeter Maschinengewehr (NSWT) zur Abwehr von tief fliegenden Kampfjets. Die Besatzung des T-72 besteht wie bei allen russischen Panzern aus drei Mann: dem Fahrer, dem Richtschützen und dem Kommandanten.

Schützenpanzer BMP-1

Der BMP-1 ist ein Gefechtsfahrzeug der Infantrie.

Der BMP-1 ist ein Gefechtsfahrzeug der Infantrie.

(Foto: dpa)

Auch den schwimmfähigen Schützenpanzerwagen BMP-1 soll Tschechien an die Ukraine geliefert haben. Ebenso ein Fahrzeug aus sowjetischer Entwicklung und inzwischen eins der weltweit am meisten verbreiteten gepanzerten Fahrzeuge überhaupt. Die Abkürzung BMP steht im Russischen für Боевая Машина Пехоты (Bojewaja Maschina Pjechoty), was übersetzt "Gefechtsfahrzeug der Infanterie" heißt.

Bewaffnet ist der BMP-1 mit einer 73-Millimeter-Glattrohrkanone im Turm, die unter anderen auch panzerbrechende Hohlladungsgranaten verschießen kann. Die Feuerfrequenz beträgt sechs Schuss pro Minute. Die zielgenaue Reichweite liegt zwischen 800 und 1300 Metern. Außerdem verfügt der BMP-1 über eine Starterschiene zum Abschuss der Panzerabwehrrakete 9M14 Maljutka. Wie der T-72 hat auch der BMP-1 ein 7,62-Millimeter-Maschinengewehr (PKT) an Bord.

Der BMP-1 gehörte ebenfalls zum Bestand der Armeen des Warschauer Vertrages.

Der BMP-1 gehörte ebenfalls zum Bestand der Armeen des Warschauer Vertrages.

(Foto: dpa)

Neben dem Kommandanten, dem Richtschützen und dem Fahrer sind acht Soldaten an Bord des BMP-1. Auf jeder Seite des Mannschaftsraums befinden sich vier Schießluken, aus denen die Besatzung feuern kann. Zudem ist der BMP-1 mit einem Infrarotscheinwerfer, Periskopzielfernrohr und einer Nebelanlage ausgestattet, die durch das Einspritzen von Diesel in den Auspuff oder sogenannten Ejektor das Fahrzeug faktisch unsichtbar macht.

Angetrieben wird der BMP von einem 6-Zylinder-V-Dieselmotor (UTD-20) mit einer Leistung von 300 PS. Auf der Straße kann der BMP-1 bis zu 65 km/h schnell werden, im Gelände sind es 45 km/h. Die Reichweite beträgt 600 Kilometer auf der Straße und 400 im Gelände.

Flugabwehrrakete FIM-92-Stinger

Die FIM-92-Stinger soll vor allem der russischen Luftwaffe gefährlich werden.

Die FIM-92-Stinger soll vor allem der russischen Luftwaffe gefährlich werden.

(Foto: dpa)

Gefährlich für die russische Luftwaffe ist die Flugabwehrrakete FIM-92-Stinger vom US-amerikanischen Hersteller Raytheon. Wie eine Panzerfaust wird auch die Abschusseinrichtung für die Stinger-Raketen über der Schulter eines Soldaten getragen. Die Boden-Luft-Rakete wiegt, die Munition eingerechnet, 16 Kilogramm. Die Rakete selbst sucht sich nach dem Abschuss ihr Ziel per Infrarotsteuerung selbst. Dabei folgt sie der Triebwerkshitze des Kampfjets oder auch der eines Helikopters. Die Zielgenauigkeit liegt bei etwa fünf Kilometern. Neben den USA will auch die Bundesregierung 500 Stinger-Raketen in die Ukraine liefern.

122-Millimeter-Haubitze D-30

Die Haubitze D-30 ist mit Abstand die älteste Waffe, die aus den Beständen der EU-Länder kommt.

Die Haubitze D-30 ist mit Abstand die älteste Waffe, die aus den Beständen der EU-Länder kommt.

(Foto: dpa)

Auch die Haubitze D-30 mit einem Kaliber von 121,92 Millimetern wurde zwischen 1954 und 1960 in der Sowjetunion entwickelt. Die mittlere Feldhaubitze gehörte auch zum Bestand der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Die D-30 wiegt knapp drei Tonnen und dient zum Beschuss von Panzern, Fahrzeugen oder Truppen. Die Reichweite beträgt je nach Munition 15 bis 22 Kilometer. Noch heute wird die D-30 von der Military Industry Corporation im Sudan hergestellt.

Die Mannschaft der D-30 besteht aus acht Soldaten: dem Geschützführer, dem Richtschützen, fünf Ladeschützen und einem Munitionsschützen. Die Feuerrate beträgt sechs bis acht Schuss pro Minute. Beim einem Ortswechsel kann die Haubitze im Fahrzeugschlepp mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h transportiert werden.

Panzerfaust Typ 3

Die Panzerfaust 3 wird auch von der Bundeswehr eingesetzt.

Die Panzerfaust 3 wird auch von der Bundeswehr eingesetzt.

(Foto: dpa)

Auch die Panzerfaust Typ 3 wird bei einem Gesamtgewicht von 13 Kilogramm von einem Soldaten über der Schulter getragen. Sie besteht aus einem wiederverwendbaren Griffstück und der Patrone, die in Abschussrohr und Geschoss unterteilt wird. Die Standardpatrone funktioniert nach dem Prinzip der panzerbrechenden Hohlladungsgranaten und durchdringt Panzerstahl bis zu einer Dicke von 700 Millimetern. Mit einer Tandemladung kann auch eine Reaktiv-Panzerung zerstört werden. Mit der sogenannten "Bunkerfaust", einem zündverzögerten Splittersprengsatz, können Beton und Feldbefestigungen durchdrungen werden, wobei die sogenannte Nachschussladung erst im Inneren des Ziels explodiert. Die ukrainische Armee soll nach unbestätigten Informationen 2000 Panzerfäuste aus deutschen Beständen erhalten.

Panzerfaust Javelin FGM-148

Die Javelin FGM-148 ist eine sehr effiziente Lenkrakete.

Die Javelin FGM-148 ist eine sehr effiziente Lenkrakete.

(Foto: dpa)

Die erste Vorstellung der "Javelin FGM-148", die von Raytheon und Lockheed Martin produziert wird, gab es im Jahr 1989. Die Vorteile dieses Lenkwaffensystems, das einer Panzerfaust nicht unähnlich sieht, sind ihr Gewicht von nur knapp 23 Kilogramm und ihre Länge von etwa einem Meter. Allerdings ist das System mit 200.000 Dollar pro Stück nicht billig. Hinzu kommt, dass jeder Schuss mit weiteren 100.000 Euro für die Lenkrakete berechnet wird.

Die Javelin ist eine sogenannte "Fire and Forget"-Panzerabwehr-Lenkrakete. "Feuern und Vergessen" steht hier für eine Waffenart, die in der Lage ist, sich ihr Ziel selbst zu suchen. Der Clou dieser Rakete mit Infrarotsensorik besteht aber darin, dass sie ihr Ziel nicht direkt ansteuert, sondern bis zu 150 Meter aufsteigt, um dann den Panzer an seiner sensibelsten Stelle, von oben, zu treffen. Zum einen ist die Panzerung hier nicht besonders dick, zum anderen fehlt die Reaktiv-Panzerung, die es ermöglicht, den angreifenden Raketensprengkopf einmalig abzuwehren. Winkel und Aufschlag der Rakete erklären dann auch den Namen "Wurfspeer".

Anders als bei einer Panzerfaust erfolgt der Auswurf der Rakete aus dem Tubus mit einem sogenannten "sanften Start". Erst wenn eine gewisse Entfernung vom Soldaten erreicht ist, zündet die Rakete, was es auch für die Abwehr fast unmöglich macht, den Schützen zu orten. Zudem kann die Javelin auch aus engen Räumen und aus der Deckung abgefeuert werden, ohne dass der Soldat Gefahr läuft, dort vom Feuerstrahl der startenden Rakete verletzt zu werden. Ein Manko hat der Wurfspeer dann aber doch: Seine Einsatzreichweite liegt bei lediglich zwei Kilometern und die Höchstreichweite bemisst sich auf das Doppelte

Luftabwehrrakete 9K32 Strela-2

Auch die Strela-2 stammt aus russischer Produktion.

Auch die Strela-2 stammt aus russischer Produktion.

(Foto: dpa)

Auch die Luftabwehrrakete Strela-2 stammt aus sowjetischer Produktion. Tatsächlich ist die Strela (der Pfeil) die weltweit am weitesten verbreitete Flugabwehrrakete. In der Sowjetunion wurde die Strela-2 bereits seit 1968 hergestellt. Das System besteht aus der Rakete, einem Startrohr mit Visier und einem Griffstück mit integrierter Elektronik und einer Thermalbatterie. Außerdem kann ein IFF-Empfänger (Identification Friend or Foe - Freund-Feind-Erkennung) an den Helm des Schützen montiert werden, um Eigenbeschuss zu vermeiden. Eine passive Antenne, die akustische Signale in den Kopfhörer des Schützen abgibt, dient dem Entdecken und Erfassen eines Zieles.

Die Rakete ist nach dem Einschalten der Stromversorgung innerhalb von sechs Sekunden einsatzbereit. Der Schütze verfolgt mit dem optischen Sucher das Ziel und betätigt dann den Abzug. Jetzt wird der Suchkopf scharf geschaltet. Während der Schütze das Ziel weitere 0,8 Sekunden verfolgt, versucht die Sucherelektronik das Ziel aufzuschalten, um dann die Rakete zu zünden. Der Sprengkopf zündet beim Aufschlag auf das Ziel.

Die Strela-2 aus den Beständen der Bundeswehr, die noch von der NVA stammen, stellten sich zu Teilen als unbrauchbar heraus, als man sie an die Ukraine liefern wollte. Mikrorisse am Treibsatz der Rakete hatten zu Korrosion und Oxidation geführt. Zum Teil sollen die Raketen in ihren Holzkisten sogar stark verschimmelt gewesen sein. Bis dato wurden 2000 funktionstüchtige Strela aus Deutschland an die Ukraine geliefert.

Quelle: ntv.de

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