Nach versäumter Bestellung Wien zieht Impfkoordinator aus EU-Gruppe ab
15.03.2021, 13:50 Uhr
Der Impfkoordinator im österreichischen Gesundheitsministerium, Auer, räumt seinen Posten.
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Vor wenigen Tagen wähnt der österreichische Kanzler Kurz sein Land bei der Impfstoffverteilung in der EU benachteiligt. Doch obwohl die Möglichkeit und das Geld verfügbar waren, bestellte Österreich schlichtweg nicht mehr Dosen. Nun muss der Verantwortliche seinen Posten räumen.
Österreich hat infolge des Streits um die Beschaffung von Corona-Impfstoffen seinen obersten Beamten aus der zuständigen EU-Lenkungsgruppe abgezogen. Clemens Martin Auer habe die Regierung in Wien zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht über die Möglichkeit zur Beschaffung von zusätzlichem Impfstoff von Biontech/Pfizer informiert, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober im österreichischen Rundfunk. Auer werde sich deshalb von seinem Posten als Impfkoordinator im Gesundheitsministerium zurückziehen, sagte Anschober.
Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte am Freitag beklagt, dass Impfdosen nicht anteilig auf die EU-Staaten aufgeteilt würden und von möglichen Nebenabsprachen zwischen einzelnen EU-Mitgliedstaaten und Pharmakonzernen gesprochen. Ein EU-Kommissionssprecher wies die Vorwürfe zurück und erklärte, es sei Sache der Mitgliedstaaten, "mehr oder weniger Impfstoffdosen" zu verlangen, als laut EU-Bevölkerungsschlüssel für sie vorgesehen sei. Nicht genutzte Kontingente könnten auf andere Mitgliedstaaten aufgeteilt werden. Darüber werde in der Lenkungsgruppe beraten.

Die Impf-Debatte belastet das angespannte Verhältnis zwischen den Koalitionsparteien von Kanzler Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Anschober (Grüne) weiter.
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Der österreichische Vertreter in diesem Gremium, Kurz' ÖVP-Kollege Auer, war dort bis zuletzt stellvertretender Vorsitzender. Anschober warf ihm vor, eigenmächtig auf weitere Bestellungen verzichtet zu haben, obwohl genug Geld zur Verfügung gestanden hätte. Die Regierungspartei ÖVP forderte deshalb die Suspendierung ihres Beamten. Ein solcher Schritt setze aber dienstrechtliche oder strafrechtliche Verfehlungen voraus, sagte der grüne Gesundheitsminister Anschober.
Der EU-Kommissionsvertreter in Wien, Martin Selmayr, wies vor diesem Hintergrund die Schuldzuweisungen an die EU bei der Impfstoffbeschaffung erneut zurück. "Wenn etwas schiefläuft in Europa, dann ist 'die EU' schuld - selbst wenn Regierungen nicht mit ihren eigenen Beamten gesprochen haben", erklärte er auf Twitter.
Gesundheitsminister beschwichtigt
Anschober betonte zugleich, dass Österreich trotzdem mit 31 Millionen bestellten Dosen ausreichend versorgt sei. Die Impf-Debatte bedeutet eine weitere Belastung für das Koalitionsklima, das wegen der restriktiven Migrationspolitik der ÖVP und Fragen zur Spendenpolitik der konservativen Partei bereits angespannt ist.
In Österreich lag die Zahl der neu registrierten Infektionen am Montag mit rund 1900 Fällen auf dem Niveau von vor sieben Tagen. Zugleich beriet die Regierung zum Wochenauftakt mit Experten und Spitzenpolitikern aus den Ländern über die weitere Strategie.
Quelle: ntv.de, cri/dpa/AFP