Heil braucht 2,1 Milliarden mehr Wirtschaftsflaute bringt Kosten-Schock bei Bürgergeld
10.11.2023, 01:31 Uhr Artikel anhören
Der Milliarden-Nachschlag beim Bürgergeld dürfte Finanzminister Lindner nicht gefallen.
(Foto: picture alliance / Flashpic)
Bei der Einführung preist Arbeitsminister Heil das Bürgergeld als Jahrhundertreform. Jetzt macht die Novelle der Ampel viel Ärger. Weil die wirtschaftliche Lage düster ist, explodieren die Kosten auf fast 26 Milliarden Euro im Jahr. Die Union sieht einen Systemfehler.
Das neue Bürgergeld verursacht einem Medienbericht zufolge deutlich höhere Ausgaben als von der Bundesregierung im Haushalt für das laufende Jahr eingeplant. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil von der SPD benötigt bis zu 2,1 Milliarden Euro mehr als im Etat vorgesehen, wie ein Schreiben von Finanz-Staatssekretär Florian Toncar an den Haushaltsausschuss des Bundestages zeigt.
Demnach hat Heil "eine überplanmäßige Ausgabe" in Höhe von bis zu 2,1 Milliarden Euro beantragt, weil die Zahl der Bürgergeld-Bezieher wegen der "deutlich eingetrübten wirtschaftlichen Lage" gestiegen ist, heißt es in dem zweiseitigen Schreiben, das ntv.de vorliegt. Die Bürgergeld-Ausgaben dürften damit in diesem Jahr auf insgesamt 25,9 Milliarden Euro steigen. Auf ntv.de-Nachfrage hieß es aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das hinterlasse "Spuren auf dem Arbeitsmarkt".
Dem Bericht zufolge benötigen die Bürgergeld-Bezieher offenbar auch mehr Leistungen. Die "Netto-Leistungen je Bedarfsgemeinschaft" hätten sich "im Vergleich zur Erwartung vom Herbst 2022 dynamischer entwickelt", heißt es in dem Schreiben an den Haushaltsausschuss. Auf Nachfrage von ntv.de war das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht in der Lage oder bereit, dies näher zu erläutern. Aus dem Ministerium hieß es lediglich, Ziel des Bürgergeldes sei es Menschen aus der Bedürftigkeit in Arbeit zu bringen. In einer Stellungnahme wurde lediglich darauf verwiesen, dass die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung von der Schätzung im vergangenen Herbst abgewichen sei.
Union: System setzt falsche Anreize
Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase, befürchtet angesichts der Zahlen nun einen weiteren Anstieg der Bürgergeld-Ausgaben im Jahr 2024 auf mehr als 27 Milliarden Euro. Das wären rund fünf Milliarden oder gut 22 Prozent mehr als noch im Jahr 2022 (Hartz IV). "Die Steigerungen zeigen, dass dieses System falsche Anreize setzt. Zu viel Hängematte, zu wenig Fordern und Fördern. Diese Ausgabendynamik muss gebremst werden", sagte Haase.
Gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hatte Minister Hubertus Heil Ende Oktober zurückgewiesen, dass das Bürgergeld falsche Anreize für Geringverdiener schaffe. Er räumte aber ein, dass er sich einen stärker steigenden Mindestlohn gewünscht hätte. Der liegt derzeit bei 12 Euro und soll ab kommenden Jahr auf 12,41 Euro und 2025 auf 12,82 Euro steigen.
Aktuell beziehen mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. Ab Januar 2024 wird das Bürgergeld um zwölf Prozent erhöht. Die von der Bundesregierung beschlossene ungewöhnlich hohe Steigerung geht auf die Inflation und auf die steigenden Nettolöhne zurück. Das Bürgergeld hatte zu Beginn des Jahres die bisherigen Hartz-IV-Zahlungen abgelöst.
Quelle: ntv.de, mau/AFP