Erdbeben in der Türkei Wissler bei "Hart aber fair": "Man ist so hilflos"
06.02.2023, 23:53 Uhr Artikel anhören
"Menschen haben mit bloßen Händen versucht, andere aus den Trümmern zu bergen", sagt Wissler.
(Foto: picture alliance/dpa)
Ein Erdbeben der Stärke 7,5 hat das türkisch-syrische Grenzgebiet in eine Katastrophenregion verwandelt. Am Montagabend haben sich die Gäste in einer Spezialausgabe von "Hart aber fair" darüber unterhalten, wie man den Menschen der Region jetzt helfen kann.
Nacht in Adana. Es regnet in Strömen. Die Temperatur liegt bei fünf Grad. In der Stadt türmen sich die Schuttberge nach dem Erdbeben in der Nacht zum Montag meterhoch. Die Menschen können nicht in ihre Häuser, die einstürzen könnten. Nachbeben drohen. Schon am Montag hatte die Erde in Adana Dutzende Male gewackelt. Es ist das schwerste Erdbeben seit August 1999. Damals waren in der nordwestlichen Türkei in einem Industriegebiet um die Stadt Izmit mehr als 17.100 Menschen ums Leben gekommen. Wie viele es im türkisch-syrischen Grenzgebiet sind, ist noch nicht bekannt.
In der ARD hat sich am Abend die Talkshow "Hart aber fair" mit der Situation im Erdbebengebiet befasst.
"Es war chaotisch"
Die Co-Vorsitzende der Linken Janine Wissler ist am Montagmorgen in der Erdbebenregion. Sie will ein politisches Gerichtsverfahren beobachten. Um 4.15 Uhr wird sie in ihrem Hotel geweckt, weil der Boden wackelt. "Ich bin dann raus auf die Straße und habe dort die Zerstörungen gesehen. Es war chaotisch. Ich habe kaum Einsatzfahrzeuge wahrgenommen. Menschen haben mit bloßen Händen versucht, andere aus den Trümmern zu bergen. Hier sind oft zehnstöckige Häuser, und die Menschen wurden im Schlaf überrascht", berichtet Wissler. Sie habe sich dann entschlossen, nach Ankara zu fliegen. Der Flughafen in Diyarbakır sei nicht zerstört gewesen, dort habe sie ein Flugzeug bekommen. "Man fühlt sich so hilflos", erzählt sie bei "Hart aber fair". "Der Boden wackelt und man kann nicht wegrennen. Man weiß nicht, wo man hin soll. Es ist absolut beängstigend."
Die Gegend, in der Wissler war, gehört zum türkischen Teil Kurdistans. Sie berichtet, die Städte dort würden von der Regierung in Ankara vernachlässigt. Noch schlimmer sei es jedoch in dem betroffenen Gebiet Syriens. Dort sei es bitterkalt, die Menschen müssten unter freiem Himmel leben, nachts, bei Minusgraden, im Schnee. "Darum ist internationale Hilfe dringend nötig", so die Linken-Politikerin.
"Wir werden helfen"
Das weiß auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Er lobt die rasche Hilfe Griechenlands. Der türkische Präsident Erdogan habe um schnelle Hilfe gebeten. "Das zeigt die Dramatik der Situation und den Umfang der Katastrophe", sagt Özdemir. Bundesinnenministerin Nancy Faeser koordiniere aktuell die Hilfsmaßnahmen des Bundes. "Jetzt ist der Moment zum Helfen und wir helfen", verspricht der Minister.
Am Dienstag werde das Technische Hilfswerk Mitarbeiter in die Katastrophenregion entsenden, sagt dessen Präsident Gerd Friedsam. Noch sei Zeit, Menschen lebend aus den Trümmern zu befreien. Je nach Verletzung und je nachdem, wie sie verschüttet seien, könnten Menschen in dieser Situation 72 Stunden überleben. Er habe aber auch schon Menschen gerettet, die ganze fünf Tage unter Trümmern eingeschlossen gewesen seien.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler hat Verwandte in der Türkei. Sie weiß, was die Menschen im Erdbebengebiet jetzt am dringendsten brauchen: "In den nächsten Tagen kommt es auf Decken, Zelte, Lebensmittel und Medizin an", sagt sie bei Hart aber fair.
Auch die "Stiftung RTL: Wir helfen Kindern" beteiligt sich an den Hilfsmaßnahmen im Krisengebiet. Helfen können Sie mit einer Spende von 10 Euro, indem Sie eine SMS mit dem Stichwort Erdbeben an die Nummer 4 48 44 schicken.
Quelle: ntv.de