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Europa zwischen Trump und PutinDas Schlimmste verhindert - gute Arbeit, Kanzler!

25.11.2025, 11:29 Uhr b58b01e6-b3b2-4108-ace9-39b8c6dbd390Hubertus Volmer
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Friedrich Merz am Dienstag beim EU-Afrika-Gipfel in Angola. Auch dort ging es am Rande in unterschiedlichen Runden vor allem um den Krieg in der Ukraine. (Foto: picture alliance/dpa)

Die Europäer schaffen es nicht, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Aber es gelingt ihnen immer wieder, US-Präsident Trump davon abzubringen, das angegriffene Land und Europa komplett fallen zu lassen - eine viel zu oft unterschätzte Leistung.

Wenn Beobachter der Ukraine-Verhandlungen die Bedeutung der Europäischen Union dabei bewerten, ist das Urteil schnell gesprochen und es ist fast immer dasselbe: Die Europäer spielen keine Rolle. Schließlich haben sie den Krieg vor der eigenen Haustür weder verhindern noch beenden können. Und am Ende müssen sie zugucken, wie Trump und Putin es unter sich ausmachen.

Hinter dieser Einschätzung steht entweder der Hintergedanke, die EU lächerlich zu machen, weil man sie ohnehin ablehnt. Oder die Hoffnung, die Europäische Union möge endlich ihre ökonomische Kraft politisch einsetzen. Dabei liegt es nicht an Europa, dass ein europäischer Friedensplan in Moskau keine Chance hätte. Es ist ja gerade eins der obersten Ziele des Putin-Regimes, Europa aus dem Spiel und die USA aus Europa heraus zu drängen.

Gerade vor diesem Hintergrund ist es natürlich fatal, dass Europa noch immer Öl und Gas aus Russland bezieht und damit den russischen Terror gegen die Ukraine finanziert. Die schwedische Außenministerin Maria Malmer Stenergard hat erst vor ein paar Tagen vorgerechnet, dass die Summe der europäischen Überweisungen nach Russland für Energie- und andere Importe seit Beginn der Invasion höher ist als die Unterstützung der Ukraine.

Ohne Europa wäre die Ukraine verloren

Die EU ist nun mal keine zentral regierte Großmacht, sondern eine Konsensmaschine. Bevor sie Druck nach außen aufbauen kann, muss sie sich intern einigen, auch mit schwierigen Partnern. Unter diesen Umständen macht sie ihre Sache zwar nicht gut genug, um der Ukraine die erhoffte starke Ausgangsposition für Verhandlungen mit Russland zu geben. Aber bei Weitem nicht so schlecht, wie gebetsmühlenartig behauptet. So leisten EU-Staaten seit Trumps Ausstieg aus der Waffenhilfe deutlich mehr. Ohne Europa wäre die Ukraine längst verloren.

Es stimmt, die Europäer agieren in der Regel nicht, sie reagieren und laufen den Ereignissen häufig hinterher. Doch damit machen sie immer wieder einen zentralen Unterschied. Bei den Gesprächen rund um den mutmaßlich vom Kreml entwickelten 28-Punkte-Plan haben sie es geschafft, die Spaltung des Westens abzuwenden. Denn auch dieser Plan dürfte für Russland vor allem ein Instrument gewesen sein, um einen Keil zwischen die USA und Europa zu treiben. An einem Ende des Kriegs hat Putin zum jetzigen Zeitpunkt kein Interesse. Er will den Krieg mit einem Sieg beenden und alle seine Forderungen durchsetzen.

Der US-Präsident wollte die Ukraine ursprünglich zwingen, den "Friedensplan" binnen weniger Tage zu schlucken. Die USA tauchen darin als eine Art Moderator zwischen Russland und der Nato auf, als hätten sie das Bündnis schon verlassen. Für die Europäer ging es darum, Trump davon abzuhalten, die Ukraine und auch die Nato schon jetzt und vollständig im Stich zu lassen. Das scheint vorerst gelungen zu sein. Übrigens nicht zuletzt, weil Donald Trump ans Telefon geht, wenn Friedrich Merz anruft.

Zusammen mit Frankreich und Großbritannien organisiert Merz den europäischen Zusammenhalt und schafft es dabei immer wieder, Trump doch noch einzubinden. Ohne diese sehr demonstrative Unterstützung wäre der Gesprächsfaden zwischen der US-Administration und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach dem Eklat im Oval Office kaum wieder aufgenommen worden. Es ist eine mühsame und undankbare Aufgabe, die USA stets aufs Neue vom Schlimmsten abzuhalten. Aber angesichts der realen europäischen Möglichkeiten ist es eine bedeutende Leistung.

Quelle: ntv.de