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Erster Parteitag in Berlin Ein Ziel hat Wagenknecht schon jetzt verfehlt

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"Wir machen uns jetzt gemeinsam auf den Weg, die Politik in Deutschland zu verändern", sagt Sahra Wagenknecht.

"Wir machen uns jetzt gemeinsam auf den Weg, die Politik in Deutschland zu verändern", sagt Sahra Wagenknecht.

(Foto: REUTERS)

Sahra Wagenknecht plädiert für "Meinungsfreiheit und Respekt gegenüber dem Andersdenkenden", wird diesem Anspruch aber nicht gerecht. Natürlich ist Polemik in der Politik erlaubt, auch Spott. Aber dann sollte man zu seinem Stil auch stehen.

Zwei inoffizielle Slogans hat die neue Partei von Sahra Wagenknecht bereits, der eine lautet: wirtschaftliche Vernunft, soziale Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit. Fast alle Redner buchstabieren diese Schlagworte aus, in dieser Reihenfolge, wobei mit Freiheit eine gegen die angebliche "Cancel Culture" gerichtete Meinungsfreiheit gemeint ist. Der andere Slogan: "So kann's doch nicht weitergehen, wie es jetzt läuft."

Denn Wagenknecht will mit ihrer Partei die Wütenden abholen, ohne selbst allzu wütend zu wirken. Das BSW solle "Toleranz und Respekt nicht nur in der Gesellschaft einfordern, sondern auch in unserer Partei leben", sagt sie, ihr Bündnis trete ein für "Meinungsfreiheit und Respekt gegenüber dem Andersdenkenden statt Cancel Culture".

Diesem Anspruch wird Wagenknecht nicht gerecht. Weite Passagen ihrer Rede sind in spöttischem Ton gehalten, vor allem, wenn es um die Ampel, die Grünen und die Außenministerin geht. Mit Blick auf die Politik der Bundesregierung fällt das Wort "irre", die Politik insgesamt stellt sie als abgehoben dar, die Ampel nennt sie die "dümmste Regierung Europas", ihr wirft sie vor, "in einem Paralleluniversum" zu leben, die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP nennt sie "Marie-Agnes Strack-Rheinmetall".

Respekt gegenüber dem Andersdenkenden? Wenn Wagenknecht den hat, dann ist das nicht erkennbar. Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus tut sie ab: "Jetzt gehen die Ampel-Politiker selbst auf die Straße und demonstrieren gegen die Ergebnisse ihrer eigenen Politik", das sei scheinheilig. "Ja, natürlich beteiligen sich auch viele, viele Menschen an den Demonstrationen, weil sie ehrlich Angst haben vor dem Erstarken der AfD", fügt sie dann noch hinzu. Diese Angst habe sie auch, aber wer die AfD wirklich schwächen wolle, sollte auch für politische Forderungen demonstrieren. Sie zählt einige auf und ergänzt, Massendemonstrationen müsse es "am besten gleich für Neuwahlen und ein Ende der unsäglichen Ampel" geben. Sie nutzt die Kundgebungen gegen Rechtsextremismus, um daraus die Forderung nach Abwahl der Ampel zu machen. Das ist billig.

Keine Frage: Polemik in der Politik ist grundsätzlich kein Problem. Aber dann sollte man auch nicht so tun, als trete man für Respekt vor dem politischen Gegner ein. Oder gar dafür, die gesellschaftliche Spaltung überwinden zu wollen. Wenn das wirklich das Ziel des BSW ist, dann hat es das schon verfehlt.

Quelle: ntv.de

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