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Die Letzte Generation nervt Verrat der Klimaschützer an den Klimaschützern

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Umfragen zeigen: Die Gruppierung der Letzten Generation ist ziemlich unbeliebt.

(Foto: picture alliance/dpa)

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Tag für Tag bringen die alarmistischen Akteure der Letzten Generation die Klimaschutzbewegung in Misskredit. Die Akzeptanz für notwendige Maßnahmen gegen die Erderwärmung wird so nicht steigen. Fridays for Future sollte sich das nicht länger bieten lassen.

Wenn der ewige Jammer-Deutsche, der sich stets und überall ungerecht behandelt fühlt, wirklich existiert, sind die Aktivisten der selbsterklärten Letzten Generation so etwas wie die Königinnen und Könige dieser Erscheinung. Ihre gigantische Larmoyanz ist irritierend, zumal sie in der Regel mit Selbstbeweihräucherung und Hybris gepaart wird. Da können sich die Bundesregierung, private oder öffentliche Unternehmen noch so bemühen, irgendetwas zum Schutz des Klimas zu tun: Die Protagonisten der Letzten Generation halten sich für die einzigen Erdbewohner, die sich konsequent gegen das Aussterben der Menschheit stellen.

Deshalb wähnen sie sich im Recht, alles tun zu dürfen, was sie wollen - und sie glauben, über dem Recht zu stehen, verspotten Gerichte und halten Urteile gegen sich für einen Akt der Böswilligkeit, mindestens aber der Ignoranz, da die irdische Justiz Strafen gegen diejenigen ausspricht, die die Welt vor dem Untergang retten wollen. Nachdem Carla Hinrichs, Sprecherin der Letzten Generation, zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde, beklagte sie, dass der Richter erklärt hatte: "Ihre Motive sind komplett egal." Die Jura-Studentin folgerte: "Der Rechtsstaat zerstört sich selbst." So könnte jeder Ladendieb argumentieren, der klaut, um zu überleben. Aus seiner Sicht ist der Kampf für die eigene Existenz ein absolut redlicher Beweggrund zu stehlen - auch wenn es das Gericht anders sieht.

Für die Letzte Generation gibt es jedoch nur eine einzige Instanz: sie selbst. Wenn die Bundesregierung nicht tut, was sie will, werden eben Straßen blockiert und Gebäude beschmiert. In ihrer Selbstvergessenheit und Konzentration auf das Leben in der Zukunft kriegen die paar Dutzend Straßenblockierer nicht mit, dass Millionen Menschen jeden Tag arbeiten (müssen), um im Heute das Morgen ihrer Familien zu sichern.

Selbst die Grünen sind genervt

Dass die Erderwärmung ein Problem ist, haben die Deutschen längst erkannt, was auch ein Verdienst von Klimaaktivisten ist. Ein Viertel der Bundesbürger weist dem Klimaschutz die höchste politische Priorität zu, 44 Prozent geht er laut ARD-Deutschlandtrend nicht schnell genug. Trotzdem lehnen drei Viertel der Deutschen die Protestformen der Letzten Generation ab: 60 Prozent "voll und ganz", 16 Prozent "eher". 13 Prozent der Befragten einer YouGov-Umfrage für die Deutsche Presse-Agentur befürworteten die Aktionen "eher", nur fünf Prozent "voll und ganz". Das heißt: Die Bewegung ist extrem unbeliebt, wohl auch deshalb, weil der Eindruck entsteht, dass ein paar fanatische Apokalyptiker der Bundesregierung und der großen Mehrheit der Bevölkerung vorschreiben wollen, was zu tun sei.

Selbst die Grünen, von denen man sicher behaupten kann, dass ihnen der Klimaschutz eine Herzensangelegenheit ist, sind genervt. Irene Mihalic, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, nannte den Protest "elitär und selbstgerecht". Hessens Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Tarek Al-Wazir schloss sich der Wortwahl ausdrücklich an. Die Aktionen der letzten Generation "führen zu einer Polarisierung der Gesellschaft und sogar dazu, dass eine Gegenbewegung zu den dringend nötigen Klimaschutzmaßnahmen entsteht. Wir reden nur noch über die Aktionen als solche, aber nicht mehr über den Klimaschutz selbst. Das schadet mehr, als es nutzt."

Exakt. Es geht nur noch um die Dauer der Staus und Gefängnisstrafen der Straßenblockierer. Die Proteste bewirken in der Substanz: nichts. Dafür erhöht sich die Gefahr, dass der Klimaschutz an Akzeptanz und gesellschaftlicher Unterstützung verliert. Darüber freuen sich nur die, die immer wieder betonen, dass Deutschland das Problem sowieso nicht allein lösen könne. Alle Maßnahmen müssen von einer Mehrheit in der Bevölkerung mitgetragen werden. Doch wird die Akzeptanz schwinden, wenn die Letzte Generation nur noch als besserwisserische und selbstgerechte Truppe wahrgenommen wird - auf dem Weg dahin ist sie längst.

"Lösungen erstreiten wir nur gemeinsam"

Erstaunlich ist, dass die freundlichen und engagierten jungen Leute von Fridays for Future tatenlos zuschauen, wie die Letzte Generation die Klimaschutzbewegung in Misskredit bringt und ihren Anliegen einen Bärendienst erweist. Die Anhänger von Greta Thunberg und Luisa Neubauer müssten permanent zur Besinnung und Mäßigung in einer Klarheit aufrufen, wie es FFF-Sprecherin Annika Rittmann einmal ausnahmsweise getan hat, als sie sagte: "Die Klimakrise braucht gesamtgesellschaftliche Lösungen und die finden und erstreiten wir nur gemeinsam und nicht, indem wir Menschen im Alltag gegeneinander aufbringen."

Richtigerweise verwies sie darauf, dass von Blockaden vielfach Pendler betroffen sind, die in Großstädten arbeiten, aber im billigeren Umland wohnen. Diese Distanzierung und Abgrenzung tat gut. Auch FFF ist nicht strikt gegen zivilen Ungehorsam. Es ist völlig in Ordnung, wenn junge Leute mal eine Straße blockieren oder ähnliches tun. Es geht um das Maß und die Anmaßung der Letzten Generation. Wenn Innenstädte über Wochen lahmgelegt werden, ist es zu viel des Schlechten. Die Letzte Generation wird nichts erreichen, sondern nur für weiteren Ärger und Verdruss sorgen. Und das ist nichts weiter als der Verrat an der Klimaschutzbewegung.

Quelle: ntv.de

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