Baden-WürttembergPolizist schiebt Mann Drogen unter – trotzdem Freispruch

Ein Polizist steht in Mannheim vor Gericht, weil er einem Verdächtigen Marihuana untergeschoben haben soll. Das Gericht spricht ihn frei – obwohl es annimmt, dass die Tat tatsächlich passiert ist.
Mannheim (dpa/lsw) - Obwohl er einem Verdächtigen Marihuana untergeschoben hat, ist ein Polizist vor dem Amtsgericht Mannheim freigesprochen worden. Das Gericht schloss sich im Wesentlichen der Version der Staatsanwaltschaft an, wonach der 27-jährige Beamte die weitere strafrechtliche Verfolgung des Mannes erwirken wollte. Die Anklage lautete allerdings auf Verfolgung Unschuldiger – und nach Auffassung des Gerichts war der mehrfach vorbestrafte Mann nicht eindeutig unschuldig. Andere Tatbestände, wie etwa das Vortäuschen einer Straftat, seien ebenfalls nicht erfüllt.
Der Angeklagte hätte eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren erhalten können. Er hatte die Vorwürfe beim Prozessauftakt über seinen Anwalt zurückweisen lassen. "Ich habe stets pflichtgemäß gehandelt", sagte der Anwalt in seinem Namen. "Ich bin Polizeibeamter aus Überzeugung." Er habe weder Betäubungsmittel besessen noch Betäubungsmittel untergeschoben. Er könne sich die Vorwürfe nur mit Missverständnissen erklären. Der Beamte war vom Dienst suspendiert.
Mutmaßlich beim Drogenverkauf beobachtet
Bei einem größeren Einsatz im März 2024 war der verdächtigte Mann wegen des Verdachts des Drogenhandels kontrolliert worden, wie ein Polizist als Zeuge aussagte. Zuvor war er über ein Überwachungssystem dabei beobachtet worden, wie er mutmaßlich Marihuana verkaufte. Bei der Durchsuchung seien allerdings keine Drogen gefunden worden, lediglich mehr als 1.000 Euro Bargeld. Wegen eines bestehenden Sicherungshaftbefehls sei der Mann in Gewahrsam gekommen. Dieser bestand demnach, weil er gegen Bewährungsauflagen verstoßen hatte. In der Vergangenheit war der Mann unter anderem wegen gewerbsmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in mehreren Fällen sowie wegen Diebstahls verurteilt worden.
Laut Urteil soll der Angeklagte unzufrieden darüber gewesen sein, dass keine Betäubungsmittel gefunden wurden, daher soll er dem Mann fünf Plomben Marihuana untergeschoben haben. Die Menge war zunächst unklar, nach Angaben des Gerichts enthält eine Plombe üblicherweise ein halbes Gramm.
Woher der Polizist das Marihuana gehabt haben soll, war bis zuletzt unklar. In einer erweiterten Erklärung behauptete der Verteidiger am letzten Prozesstag, sein Mandant habe das Marihuana an diesem Tag in unmittelbarer Nähe auf der Straße gefunden. Für ihn habe es außer Frage gestanden, dass die Drogen dem mehrfach vorbestraften Verdächtigen gehörten. Möglicherweise, so erklärte es der Anwalt, habe der Mann die Betäubungsmittel verloren oder absichtlich weggeworfen.
Zeuge bestätigt Vorwürfe
Mit der Absicht, den Mann in Untersuchungshaft zu bringen, forderte der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft einen Kollegen auf, zu vermerken, dass Plomben gefunden worden seien. Der Kollege habe sich allerdings geweigert, wie er selbst vor Gericht aussagte. Demnach habe der Angeklagte erklärt, er werde den Fund selbst vermerken. Letztlich informierte der Zeuge gemeinsam mit einem Kollegen einen Vorgesetzten. Der Kollege bestätigte im Prozess grundsätzlich die Vorwürfe.
Gegen den angeklagten Beamten wurde neben den strafrechtlichen Ermittlungen ein Disziplinarverfahren durch das Polizeipräsidium Mannheim eingeleitet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.