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Hamburg & Schleswig-Holstein Hamburgs Fernwärmenetz wieder in städtischer Hand

(Foto: Markus Scholz/dpa)

Sechs Jahre nach dem Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze gehört nun auch die Fernwärme wieder der Stadt Hamburg. Die Tinte ist unter dem Vertrag. Was den Umbau der derzeit noch kohle- und CO2-lastigen Wärmeversorgung angeht, sind noch viele Fragen offen.

Hamburg (dpa/lno) - Das Hamburger Fernwärmenetz ist wieder in städtischer Hand. Nachdem die Europäische Kommission bereits im April grünes Licht für den Rückkauf gegeben hatte und nun auch die Einspruchsfrist abgelaufen sei, hätten die städtische Beteiligungsgesellschaft HGV und der bisherige Mehrheitseigner Vattenfall den notariellen Kaufvertrag zur Rückübertragung der restlichen 74,9 Prozent der Wärmegesellschaft für 625 Millionen Euro unterzeichnet, sagten Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) am Dienstag.

"Mit der nun erfolgten Unterschrift unter den Kaufvertrag für das Fernwärmenetz ist die Umsetzung des Volksentscheides von 2013 abgeschlossen", sagte Dressel. Vor der Fernwärme waren bereits das Strom- und das Gasnetz wieder in städtische Hand gebracht worden.

"Das ist der finale Akt in einem Stück mit vielen Wendungen, und zum Glück gibt es ein Happy End", sagte Kerstan. Der Rückkauf erfolge in einer entscheidenden Phase, "in der es noch gelingen kann, den Klimawandel zu bekämpfen". Mit der Dekarbonisierung der Wärme in Hamburg wolle man 300 000 Tonnen CO2 bis 2030 einsparen.

Notwendig dafür ist die Abschaltung der Heizkraftwerke Wedel und Tiefstack. Das überalterte Werk im schleswig-holsteinischen Wedel soll bereits in der Heizperiode 2024/25 ersetzt werden. Künftig soll die Wärme aus einem Mix aus erneuerbaren Energien, Abwärme und Erdgas gewonnen werden. Zu den Planungen und den zu erwarteten Kosten wollte Kerstan sich zunächst nicht äußern. Er wolle bis Ende des Monats einen Zwischenbericht vorlegen.

"In puncto Neuformierung der neuen städtischen Gesellschaft und Weiterentwicklung der Fernwärmeversorgung liegt noch eine Menge Arbeit vor uns", sagte Dressel. Mit dem Erwerb der Fernwärmegesellschaft wechseln rund 610 Beschäftige zur städtischen HGV. Die Stadt übernehme "ein gut bestelltes Haus mit sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern", sagte er.

Bei der Opposition in der Bürgerschaft stieß der Rückkauf auf unterschiedliche Reaktionen. Der Umweltexperte der CDU, Stephan Gamm, sprach von einer "PR-Show", die gezeigt habe, "dass die rot-grünen Senatoren zwar nette Worte verlieren, auf Nachfrage jedoch keinerlei Konzept hinsichtlich tiefergehender Finanzierungsfragen präsentieren können". Dem Versprechen von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), dass es für Fernwärmekunden keine höheren Preissteigerungen als bei anderen Energieträgern gebe, sei deshalb kaum Glauben zu schenken.

Der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion, Stephan Jersch, sprach von einem großen "Erfolg des Bürgerwillens". Rot-Grün müsse jetzt aber auch liefern. "Von einem "finalen Akt", wie es der Umweltsenator sieht, sind wir noch sehr weit weg. Die Ersatzplanung für das Kohleheizkraftwerk Wedel zum Beispiel ist seit nun fast einem Jahr "fast" fertig und hat bereits vier Jahre Verzug."

FDP-Fraktionschef Michael Kruse warf Rot-Grün vor, im vergangenen Jahr beim Umbau des Fernwärmenetzes "nur Zeit und öffentliches Geld verschleudert" zu haben. "Umweltsenator Kerstan kann den stockenden Ausbau ab dem heutigen Tage nicht mehr anderen in die Schuhe schieben." Dessen "Schaufensterpolitik" sorge "für eine Laufzeitverlängerung des dreckigsten Kohlekraftwerks der Republik in Wedel, das zu allem Überfluss ab jetzt den Hamburgerinnen und Hamburgern gehört".

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