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Hessen Ausbau des Radverkehrs: "Neue Seite der Verkehrspolitik"

Radler sind am Mainufer auf den Main-Radweg unterwegs. Foto: Roland Holschneider/Archivbild

(Foto: Roland Holschneider/dpa)

Am Anfang herrschte noch Skepsis, am Ende stand in Frankfurt eine große Koalition der Fahrrad-Willigen. Mit einem 15 Seiten-Papier soll die Verkehrspolitik stärker auf Radler ausgerichtet werden - vorausgesetzt, das Stadtparlament stimmt zu.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Mehr Platz und auch mehr Sicherheit: Frankfurt will den Radverkehr massiv fördern und ausbauen. Nach mehrmonatigen Verhandlungen der drei Regierungsfraktionen im Frankfurter Römer stellte Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) am Dienstag ein Maßnahmenpaket vor, dass auch mit den Initiatoren eines Bürgerbegehrens über eines bessere Fahrrad-Infrastruktur in der Mainmetropole verhandelt worden war. Oesterling zeigte sich zuversichtlich, dass das 15 Seiten-Papier nach der Sommerpause vom Stadtparlament beschlossen wird. "Mit diesem Papier wird eine neue Seite in der Frankfurter Verkehrspolitik aufgeschlagen", betonte er.

Dem Radverkehr, dessen Anteil er auf etwa 20 Prozent schätze, werde künftig mehr Platz eingeräumt, sagte Oesterling. "Das geht nur zu Lasten des Autoverkehrs - dazu bekennen wir uns auch." Dagegen soll der Ausbau nicht zu Lasten von Fußgängern und öffentlichem Nahverkehr gehen. Für Radler soll es in den kommenden Jahren mehr sichere Wege und Platz geben, wie aus einem Antrag von CDU, SPD und Grünen an die Stadtverordnetenversammlung hervorgeht.

Bis 2023 soll es unter anderem mindestens 45 Kilometer neue oder umgestaltete Radwege geben, heißt es in dem Papier. Fahrradspuren sollen auch baulich vom Autoverkehr abgegrenzt sowie mehr Fahrradparkplätze eingerichtet werden. Erste Umbauten sollen 2021 begonnen werden. Das Papier sieht zudem eine Projektgruppe "fahrradfreundliche Stadt" mit 18 auf fünf Jahre befristeten Stellen und eine Fahrradstaffel der Verkehrspolizei vor. Zur Umsetzung des Programms sollen mehr als 20 Millionen Euro investiert werden.

Wolfgang Sievert (Die Grünen), Vorsitzender des Frankfurter Verkehrsausschusses, sprach angesichts der geplanten Maßnahmen von einer "Zeitenwende". "Heute ist das erste Mal, dass der Wandel sich in dieser Stadt ganz konkret in Beschlüssen niederschlägt", sagte er.

Martin Daum, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Römer, nannte das Maßnahmenpaket ein "ebenso tolles wie maßvolles Ergebnis". Seiner Partei sei wichtig gewesen, die gesamte Verkehrssituation nicht aus dem Blick zu verlieren und keine künstlichen Staus zu schaffen. Die Schaffung von zwei zusätzlichen Fahrradspuren zwischen Hauptbahnhof, Konstablerwache und Friedberger Platz solle etwa ein einjähriges Provisorium sein - dann soll endgültig entschieden werden, ob diese Lösung funktioniert.

Eugen Emmerling, verkehrspolitischer Sprecher des Römer-SPD, erinnerte daran, dass angesichts von 260 000 Pendlern, die täglich aus dem Umland zur Arbeit nach Frankfurt kommen, ein fahrradfreundliches Konzept nicht an der Stadtgrenze enden könne. Der Fahrradschnellweg zwischen Frankfurt und Darmstadt sei ein "erster Schritt", sagte Emmerling. "Aber wir schaffen es nicht allein in Frankfurt, wenn nicht auch die Kommunen in der Region mitziehen."

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens zeigten sich zufrieden. "Klar, wir haben gefremdelt am Anfang, aber wir haben uns zusammengerauft", sagte Norbert Szép. Die Forderungen des Bürgerbegehren fänden sich in dem Papier wieder, ergänzte Mit-Initiator Alexander Breit. Die Initiative wolle sich dafür einsetzen, dass das Programm auch nach 2023 fortgesetzt werde - ebenso wie der "Umbau zu einer fahrradfreundlichen Stadt".

Die Initiatoren hatten 2018 Jahr rund 40 000 Unterschriften eingereicht, um ihr Vorhaben eines "Radentscheids" durchzusetzen. Der Magistrat hält diesen zwar für unzulässig, die Stadt nahm aber Anfang des Jahres Gespräche mit den Radlern auf. Er habe die Aufgabe mit einer gewissen Skepsis übernommen, räumte Oesterling zu den ersten Gesprächen über ein gemeinsames Papier der drei Parteien ein.

Radentscheide und eine Verbesserung der Infrastruktur für Radfahrer sind auch in anderen hessischen Kommunen ein Thema. So hat die Stadt Kassel die Ziele des dortigen Radentscheids in einer Magistratsvorlage aufgegriffen, über die die Stadtverordneten nach Angaben eines Stadtsprechers derzeit beraten. In Darmstadt wurde das Bürgerbegehren der Initiative Radentscheid zwar für unzulässig erklärt. Gleichzeitig vereinbarte die Stadt eine Zusammenarbeit, um den Radverkehr zu fördern.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt mahnte in einer ersten Stellungnahme eine Entwicklung des Radverkehrs "mit Augenmaß" an. Die Hauptverkehrsachsen müssten offen bleiben für die Erreichbarkeit von Unternehmen, Transporten und Lieferungen.

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