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HessenWie sich Hessens Städte um Obdachlose kümmern

19.12.2025, 04:02 Uhr
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Sie wollen niemanden auf der Straße zurücklassen: Mit Teestuben und TinyHouses reagieren die Kommunen auf die Bedürfnisse Obdachloser. Gibt es jetzt im Winter genügend Plätze in den Notunterkünften?

Wiesbaden (dpa/lhe) - Für Obdachlose ist das Winterhalbjahr eine besonders herausfordernde Zeit. Kälte und Nässe setzen den oft hilflosen Menschen zusätzlich zu. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab, haben Hessens große Städte nach eigener Einschätzung genügend Kapazitäten in den Notunterkünften, um alle versorgen zu können.

"In Frankfurt muss niemand auf der Straße schlafen", teilte ein Sprecher der größten hessischen Kommune mit. Neben Notunterkünften und einem Kältebus für die Nacht gebe es in Frankfurt mehr als ein Dutzend Tagesaufenthalte für Hilfebedürftige. Diese Einrichtungen werden von sozialen Trägern im Auftrag der Stadt betrieben. Schätzungen zufolge leben in der Mainmetropole knapp 300 obdachlose Menschen, wie das Sozialdezernat mitteilte.

Ganzjährige "Winterreglung" in Wiesbaden

In Wiesbaden gilt nach Angaben eines Stadtsprechers ganzjährig die "Winterregelung". "Dies bedeutet, dass wohnungs- und obdachlose Menschen an 365 Tagen im Jahr kostenfrei in städtisch organisierten Unterkünften eine Zuflucht finden können", erläuterte er. "Unabhängig von der Temperatur und ohne Nachweis eines Leistungsanspruchs."

Neben einem Männer- und einem Frauenwohnheim gebe es eine Teestube als zentrale Anlaufstelle mit Beratungsangeboten und medizinischer Versorgung. Je nach Lebenssituation stünden zudem Plätze für Jugendliche, Familien, Menschen mit Behinderung oder queere Personen zur Verfügung.

Nach aktuellem Stand könnten die vorhandenen Kapazitäten den bekannten Bedarf gut abdecken, der bei niedrigen Temperaturen erfahrungsgemäß steige, erklärte der Sprecher.

"Flexibles Hilfekonzept" in Darmstadt

"Auch in diesem Winter ist es mein Wunsch, niemanden auf der Straße zurückzulassen", erklärte Darmstadts Sozialdezernentin Barbara Akdeniz. Ab dem kommenden Jahr solle hier ein "Flexibles Hilfekonzept" speziell für obdachlose Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen erprobt werden.

In den vergangenen Jahren hätten Einrichtungen der Obdachlosenhilfe vermehrt Fälle registriert, in denen Betroffene mit psychischen Beeinträchtigungen zusätzlich Rauschmittel konsumierten und durch herausforderndes Verhalten auffielen, so Akdeniz. Darauf reagiere das neue Projekt, das unter anderem eine intensive Betreuung vorsehe.

Marburg plant "VinziDorf" mit Kleinsthäusern

"Die Erfahrungen aus den letzten Jahren haben gezeigt, dass die Plätze im Übernachtungsheim immer ausreichend beziehungsweise selbst bei kältesten Witterungsbedingungen nie vollständig belegt waren", teilte eine Sprecherin der Stadt Marburg mit. In Kälteperioden dürften die Menschen morgens länger im Übernachtungsheim bleiben, um einen nahtlosen Übergang zur Tagesaufenthaltsstätte zu ermöglichen.

Als neues Angebot solle voraussichtlich ab 2026 das geplante "VinziDorf" Marburg entstehen, kündigte die Sprecherin an. "Hier können Männer, die schon lange Zeit obdachlos sind und in ein, für andere, normales Wohnsetting nicht mehr zurückkehren können oder wollen, ein Tiny House bewohnen." Zudem werde mit dem "Marburger Chancenhaus" ein weiteres Angebot für Menschen in einer frühen Phase der Obdach- oder Wohnungslosigkeit vorbereitet.

Konstante Nachfrage in Gießen

"Der Bedarf nach Notübernachtungsplätzen sowie stationären und ambulanten Angeboten ist weiterhin vorhanden und steigt — wie in jedem Jahr — in den Wintermonaten spürbar an", erläuterte eine Sprecherin der Stadt Gießen. Die Nachfrage nach Plätzen sei in den vergangenen Jahren vergleichsweise konstant geblieben.

Gleichzeitig zeige sich eine zunehmende Differenzierung, ergänzte sie. "Neben Einzelpersonen benötigen verstärkt auch Paare, Familien oder Menschen mit besonderen Problemlagen spezifische Unterbringungsformen." In Gießen gibt es beispielsweise Einrichtungen nur für Frauen sowie stationäre Angebote für junge Menschen im Alter zwischen 18 und 27 Jahren.

Keine Person in Offenbach wegen Platzmangel abgelehnt

Auch in Offenbach gibt es ein umfangreiches Versorgungsnetz für Obdachlose, unter anderem mit einer Straßenambulanz und zusätzlichen Plätzen für Frauen. Die Kapazitäten in den Notunterkünften seien flexibel, bislang habe keine Person wegen Platzmangels abgelehnt werden müssen, teilte eine Sprecherin der Stadt mit. Zudem sei erneut eine Winternotunterkunft für mindestens zehn obdachlose Menschen geplant.

In Kassel stehen in den Wintermonaten 40 Notschlafplätze zur Verfügung, die bei Bedarf erweitert werden könnten. Zusätzlich gebe es bis voraussichtlich Ende März täglich ab 19.00 Uhr bis 08.00 Uhr morgens einen Wärmeraum nahe der Innenstadt mit Platz für sechs bis acht Menschen. Die Kapazitäten seien nach Auswertung des vergangenen Winters ausreichend.

Quelle: dpa

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