Rheinland-Pfalz & SaarlandFlüchtlingsorganisationen beklagen Stimmungswandel
Flüchtlingsorganisationen in Rheinland-Pfalz werfen der Landesregierung vor, von ihrem Anspruch einer humanitären Politik abzurücken. In einer Erklärung fordern sie nun mehr Engagement.
Mainz (dpa/lrs) - Flüchtlingsorganisationen in Rheinland-Pfalz kritisieren einen Stimmungswandel von Behörden und Landesregierung im Umgang mit Asylbewerbern und Helfern. "Mit zunehmender Sorge beobachten wir den Umgang rheinland-pfälzischer Behörden mit Menschen, die in Deutschland Asyl beantragt und - trotz vielfach guter Gründe - keinen Schutzstatus erhalten", beginnt eine gemeinsame Erklärung des Flüchtlingsrats, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege und des Initiativausschusses für Migrationspolitik, die am Dienstag in Mainz vorgestellt wurde. Das Integrationsministerium wies die Vorwürfe zurück.
Die Flüchtlingsorganisationen nannten als Beispiele zwei Abschiebungen aus Krankenhäusern "in einer Nacht- und Nebelaktion" sowie zwei Durchsuchungen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Ingelheim. Diese seien diskriminierend.
Die Durchsuchung der Räume eines Mitglieds der Härtefallkommission und mehrerer Räume im Zusammenhang mit dem Kirchenasyl im Hunsrück seien unverhältnismäßig, kritisierte Albrecht Bähr von der Liga. Die Hausdurchsuchungen dienten der Kriminalisierung und Einschüchterungen von Flüchtlingsarbeit, monierte der Geschäftsführer des Initiativausschusses für Migrationspolitik, Roland Graßhoff. In keinem anderen Bundesland sei so massiv gegen Kirchenasyl vorgegangen worden.
Die Landesregierung müsse in bundespolitischen Debatten und Entscheidungen stärker Farbe bekennen, fordern die Organisationen. Rheinland-Pfalz sei zudem eins von nur drei Bundesländern, in denen seit 2015 Jahr für Jahr mehr Menschen abgeschoben würden.
Der Anstieg bei Abschiebungen und die Stagnation bei der freiwilligen Rückkehr seien auf veränderte Rahmenbedingungen zurückzuführen, die Landespolitik nicht maßgeblich beeinflussen könne, heißt es in einem Statement des Ministeriums. "Die Landesregierung verfolgt eine dezidiert humanitäre Aufenthaltspolitik."
Obwohl die Gewalt UN-Berichten zufolge in Afghanistan zugenommen habe, sei die Landesregierung davon abgerückt, ausschließlich der Abschiebung sogenannter Gefährder und verurteilter Straftäter in dieses Land zuzustimmen, kritisieren die Flüchtlingsorganisationen. Die Konferenz der Ministerpräsidenten habe sich im Dezember 2018 einstimmig dafür ausgesprochen, sogenannten Dublin-Flüchtlingen nur noch verminderte Sozialleistungen zuzuerkennen. In der bundesweiten Diskussion über den Entzug der Unterstützung für die Flüchtlingsräte müsse sich die Landesregierung eindeutig positionieren, forderte Graßhoff.
Der migrationspolitischer Sprecher der oppositionellen AfD-Fraktion, Matthias Joa, sagte: "In der gegenwärtigen Asylpraxis werden humanitäre Aspekte eher überbewertet als vernachlässigt."