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Sachsen Stilles Gedenken und lauter Protest in Dresden

(Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa)

Der 13. Februar ist ein markantes Datum für Dresden. Die Erinnerung an die Zerstörung der Stadt 1945 geht stets einher mit einem vielfachen Bekenntnis zu Frieden und Versöhnung. 2021 ist jedoch alles anders.

Dresden (dpa/sn) - Stille Erinnerung und lauter Protest: Dresden gedenkt der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg vor 76 Jahren sowie aller Opfer von Krieg und Gewalt. Am Samstagmorgen legte Landtagspräsident Matthias Rößler als Schirmherr des Volksbunds Kriegsgräberfürsorge auf dem Nordfriedhof einen Kranz nieder. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wollte am Abend auf dem Altmarkt im Zentrum kurz bei der Eröffnung einer virtuellen Menschenkette sprechen und weiße Rosen niederlegen.

Die Pfarrerin der Dresdner Frauenkirche, Angelika Behnke, und ein Zeitzeuge forderten zum Einsatz für den Frieden auf. Am Nachmittag standen sich am Dresdner Hauptbahnhof Rechte und Gegendemonstranten gegenüber. Laut Polizei war die Lage in der Stadt dennoch "ruhig und entspannt".

Auf dem Nordfriedhof befindet sich eine der zahlreichen Gedenkstätten an die Opfer der alliierten Luftangriffe. Dort sind 450 Feuerwehrleute, Polizisten und Soldaten gemeinsam bestattet, die dabei oder während der Aufräumarbeiten danach ums Leben kamen. An der größten Ruhestätte, dem Heidefriedhof, symbolisierten zeitgleich Betonskulpturen "Rolling Angels" der dänischen Künstlerin Benthe Norheim, Hoffnung, Frieden und Trost. Dort bildet sonst eine große Kranzniederlegung den Auftakt des Gedenktages, der wegen der Corona-Pandemie diesmal reduziert begangen werden musste.

"Der Frieden ist kein Geschenk, er ist eine dauerhafte Lebensaufgabe", sagte Günther Ulbricht, der als Kind mit seiner Familie im Februar 1945 in einem Keller verschüttet wurde, in der Online-Andacht der Frauenkirche. Die älteren Dresdner beobachteten mit Sorge, dass die junge Generation den Frieden als Selbstverständlichkeit nehme. "Das ist ein Irrtum, Krieg ist ein Verbrechen", sagte der Dresdner, Jahrgang 1935. Es gelte, dagegen Haltung zu zeigen.

Frauenkirchen-Pfarrerin Behnke, der Bischof von Coventry, Reverend Christopher Cocksworth, und Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) verlasen danach das Friedensgebet von Coventry. Die britische Stadt war 1940 von deutschen Bomben zerstört worden. Laut Behnke zeugt die mit Hilfe von Spenden aus aller Welt wiederaufgebaute Frauenkirche "von Menschlichkeit und dem Vertrauen, dass Tod und Krieg, Hass und Zerstörung nicht das letzte Wort behalten".

Das Programm des Gedenktages war wegen der Corona-Pandemie auf ein Minimum reduziert worden. Auch die traditionelle Menschenkette am Nachmittag sollte nur symbolisch simuliert werden - mit mehr als 1200 Fotos von Bürgern in typischer Haltung - projiziert an die Fassaden markanter Gebäude. Insgesamt wurden im Vorfeld des Gedenkens 16 Versammlungen mit 5 bis 1000 Teilnehmer angemeldet.

Am Nachmittag standen laut Augenzeugen rund 500 Neonazis bis zu 300 Gegendemonstranten gegenüber, die lautstark, mit Trommeln und Sprechchören gegen Rechtsextremismus und den Missbrauch der historischen Ereignisse protestierten. Die rechte Kundgebung hatte einer der führenden Köpfe der rechtsextremen Szene in Dresden angemeldet. Teilnehmer kamen mit Reichskriegsflaggen und Plakaten. Mit der Anmeldung etwa von Mahnwachen hatte das Aktionsbündnis Dresden Nazifrei seinerseits markante andere Stätten im Vorfeld "blockiert".

Dresden war am 13. Februar 1945 und in den Tagen danach von britischen und amerikanischen Bomben stark zerstört worden; bis zu 25 000 Menschen starben. Neonazis hatten früher immer wieder versucht, den Gedenktag zu missbrauchen. Seit 2012 überwiegt das friedliche Gedenken der Bürger - diesmal unter dem Motto "Erinnern, um nicht zu wiederholen!".

© dpa-infocom, dpa:210212-99-418482/4

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