Verdacht zu Garmischer Tragödie Bahn tauscht nach Unglück massenhaft Schwellen aus
19.08.2022, 14:24 Uhr
Bei dem Zugunglück starb unter anderen ein 14-jähriger Junge.
(Foto: dpa)
Bei Garmisch-Partenkirchen entgleiste Anfang Juni ein Regionalzug, fünf Menschen starben, Dutzende wurden verletzt. Bei der Suche nach der Ursache geraten auch die Betonschwellen in den Fokus. Die Bahn überprüft diese nun bundesweit. Fahrgäste müssen sich auf Verzögerungen einstellen.
Nach dem Unglück von Garmisch-Partenkirchen muss die Deutsche Bahn massenhaft Beton-Schwellen austauschen und dafür auch Streckenabschnitte sperren. Erste Erkenntnisse aus technischen Gutachten hätten den Verdacht nahegelegt, dass an den Schwellen ein Herstellerfehler vorliege, teilte das Staatsunternehmen mit. "Die Schwellen weisen teilweise Unregelmäßigkeiten in der Materialbeschaffenheit auf." Überall wo Auffälligkeiten bei der Untersuchung von 200.000 Schwellen festgestellt wurden, habe man bereits etwa mit Langsam-Fahrstellen reagiert: "Umleitungen, längere Fahrzeiten oder auch Schienenersatzverkehr lassen sich durch die Arbeiten nicht vermeiden."
Erste Schwellen seien ausgetauscht worden. Ziel sei es, fast alle Strecken bis Jahresende wieder befahrbar zu machen. Der Austausch werde sich jedoch bis 2023 hinziehen. Betroffen sind schwerpunktmäßig die Bundesländer Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Bahn geht von Kosten im dreistelligen Millionenbereich aus. Anfang Juni war ein Regionalzug von Garmisch-Partenkirchen nach München entgleist. Fünf Menschen, darunter ein 14-Jähriger, starben. 16 Menschen wurden schwer verletzt, etwa 50 leicht.
Die Ursache für das Unglück ist nach wie vor offen, bei der Suche danach waren auch die Betonschwellen ins Blickfeld geraten. In einer Drucksache des Verkehrsausschusses des Bundestages ist von einer Schienenverschiebung und "zum Teil vorgeschädigten Betonschwellen" die Rede. Es soll zu Brüchen in den Schwellen gekommen sein, wodurch sich unter der Last der Züge die Schienen verschoben hätten.
Schienennetz ohnehin extrem belastet
Aktuell gebe es an 165 Stellen im Schienennetz nun Einschränkungen, teilte die Bahn weiter mit. Bei den Arbeiten hätten zunächst die Strecken Vorrang, die besonders hoch ausgelastet und für den Fern-, Regional- und Güterverkehr im gesamten Netz von großer Bedeutung seien. Der Austausch trifft das Bahn-Netz in einer ohnehin extrem angespannten Lage. Wegen Niedrigwassers können viele Schiffe nicht fahren und Industrie und Gewerbe wollen auf die Schiene ausweichen.
Diese ist aber ohnehin überlastet, wozu auch Militärtransporte im Zuge des Ukraine-Kriegs sowie das an vielen Stellen ohnehin marode Netz beitragen. Zudem leidet auch die Bahn unter Personalmangel. Zum Herbst und Winter setzt die Bundesregierung zudem verstärkt auf Kohle- und Öl-Transporte für Kraftwerke, da Gas weniger zur Strom-Erzeugung eingesetzt werden soll. Diese Transporte sollen Vorrang auf dem Netz erhalten.
Quelle: ntv.de, chl/rts/dpa