Wirtschaft

Geld fürs Schuldenmachen Bank zahlt Kundin erstmals Zinsen für Kredit

Zu viel gezahltes Bearbeitungsentgelt zurückgeben: Das machen Kreditinstitute in der Regel erst nach schriftlicher Aufforderung. Foto: Monique Wüstenhagen

(Foto: dpa)

Verbraucher hatten unter der lockeren Geldpolitik in Europa bislang nur zu leiden: Kaum noch Zinsen fürs Ersparte, während Staaten sich teilweise fürs Schuldenmachen bezahlen lassen. Jetzt bekommt erstmals eine Kundin einen Kredit mit Negativzins.

Ob Eva Christiansen wirklich die Erste ist, ist schwer nachzuprüfen. Auf jeden Fall ist die Sexualtherapeutin aus Dänemark die erste in ihrem Land, von der bekannt wurde, dass ihre Bank für einen Kredit keine Zinsen nimmt, sondern auszahlt. Die Realkredit Danmark will für ein Darlehen mit drei Jahren Laufzeit minus 0,0172 Prozent zahlen, wie die Wirtschaftszeitung "Financial Times" berichtet. Das bringt knapp einen Euro pro Monat - den die Kundin wohlgemerkt bekommt, anstatt Zinsen zu zahlen.  

Über negative Zinsen lesen Europas Verbraucher seit Monaten in den Medien: Um mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen, fingen zunächst die Zentralbanken an, Geld von Geschäftsbanken für Einlagen zu nehmen, für die diese normalerweise Zinsen ausgezahlt bekamen. Dann fingen erste Banken an, für große Bareinlangen von Geschäfts-und schließlich Privatkunden Zinsen zu erheben, statt zu zahlen. Seit einiger Zeit geben bereits Regierungen wie die deutsche oder die Schweizer Staatsanleihen mit negativen Zinsen aus, das heißt, sie lassen sich für das Schuldenmachen bezahlen.

Die Verbraucher allerdings standen bisher bei dieser Umkehrung der gewohnten Verhältnisse allein auf der Verliererseite. Zinsen für ihr Erspartes bekommen sie kaum noch. Fürs Schuldenmachen müssen sie, anders als die Finanzminister dennoch zahlen. Bis jetzt.

Banken verdienen an Gebühren

Der Fall von Eva Christiansen könnte durchaus Schule machen - zumindest in Skandinavien. In Schweden und Dänemark sind die Zentralbanken noch aggressiver bei ihrer ultralockeren Geldpolitik als die EZB im Euroraum. Negativzinsen für Sparguthaben von Privatanlegern - in Deutschland noch ein absolutes Ausnahmephänomen - erheben dort schon mehrere Banken.

Auch Kredite mit - niedrigen - negativen Zinsen an Kunden mit guter Bonität zu vergeben, erscheint in dieser Situation durchaus sinnvoll. Denn die Banken müssten, wenn sie ihre Reserven etwa bei der Zentralbank unterbringen, mehr dafür zahlen. Bei Privatkunden wie Eva Christiansen können sie durch Gebühren immerhin noch etwas verdienen.

Darüber ob sich dieses Geschäftsmodell in Skandinavien - und eventuell darüber hinaus - durchsetzt, sind sich nicht einmal die Verantwortlichen bei den Banken im Klaren. Ein Marktumfeld wie dieses hat es noch nie gegeben. Die Verhältnisse in der Wirtschaft seien "auf den Kopf gestellt", zitiert die "FT" die Chefin der schwedischen Großbank SEB. "Es gibt kein Geschichtsbuch, in dem man das nachschauen kann".

Volkswirtschaftlich bergen die negativen Zinsen durchaus Gefahren. Die Immobilienpreise in vielen europäischen Ländern haben bereits stark angezogen. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde warnte diese Woche in einer Rede vor der Gefahr von Blasen und einer möglichen neuen Weltwirtschaftskrise. In Dänemark ist das Risiko besonders groß. Die Haushalte dort sind bereits jetzt die höchstverschuldeten der Welt.

Quelle: ntv.de, mbo

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