Wirtschaft

"Die Märkte schauen sich das an" Börsianer wetten auf Niederlage Trumps

Finanzinvestoren erwarten eine Wahlniederlage Trumps.

Finanzinvestoren erwarten eine Wahlniederlage Trumps.

(Foto: AP)

Wird Joe Biden im Wahlkampf das Rennen gegen Donald Trump machen? Glaubt man den Börsianern, so lautet die Antwort: ja! Sie erwarten bei einem Sieg des Demokraten eine strenge Regulierung - und schichten deshalb ihre Portfolios um.

Beim Rennen um das Weiße Haus stellen sich Investoren auf turbulente Börsenzeiten ein. Zwar kann bis zum Wahltermin Anfang November noch viel passieren, doch momentan bahnt sich eine Niederlage von US-Präsident Donald Trump gegen seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden an. Investoren bringen sich deswegen bereits in Stellung und schichten ihre Portfolios entsprechend um. "Die Umfragewerte des Präsidenten sind in den Keller gerauscht", sagt Aktienstratege Phil Orlando vom Investmenthaus Federated Hermes. "Die Märkte schauen sich das an und sagen, 'wenn heute gewählt würde, würde Biden gewinnen'."

Ein Sieg der Demokraten würde an den Finanzmärkten voraussichtlich keine Begeisterungsstürme entfachen. Denn Trump trommelt für alles, was die Wirtschaft ankurbelt, wie etwa niedrige Steuern, während Börsianer bei den Demokraten eine strengere Regulierung erwarten. Vier Monate vor den Wahlen ist Trump angezählt, seine Amtsführung in der Corona-Krise stößt bei immer mehr Amerikanern auf Kritik. Nur rund 38 Prozent beurteilten in einer Mitte Juni veröffentlichten Erhebung das Auftreten des US-Präsidenten positiv - das ist die geringste Zustimmung seit der Kongress-Untersuchung im November zu einer Amtsenthebung Trumps.

Auch nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis und den folgenden landesweiten Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt werfen Gegner ihm vor, mit seiner Rhetorik Öl ins Feuer zu gießen und kein Gespür oder Verständnis für die Anliegen der Demonstranten zu haben. Der Vorsprung des designierten Präsidentschafts-Kandidaten der US-Demokraten, Joe Biden, wächst und betrug zuletzt acht Prozentpunkte vor dem Republikaner, wie aus einer aktuellen Erhebung hervorgeht.

Wetten gegen den Dollar

An den Börsen stellen Anleger entsprechende Weichen und verkaufen den Dollar und US-Aktien. An den Terminmärkten wurden kürzlich so viele Wetten gegen die US-Währung geschlossen wie seit zwei Jahren nicht mehr. Ein Sieg Bidens sowie eine mögliche Vorherrschaft der Demokraten im Repräsentantenhaus und Senat würde an den Finanzmärkten voraussichtlich nicht gut ankommen. Dort feiern Anleger Trumps als wirtschaftsfreundlich geltende Politik mit niedrigen Steuern und weniger Regulierung. Seit seiner Amtseinführung liegt der S&P 500-Aktienindex trotz der Corona-Krise immer noch 37 Prozent im Plus.

Unter Biden werde der Körperschaftssteuersatz wahrscheinlich auf 28 Prozent steigen und damit die Hälfte der von Trump und dem von den Republikanern geführten Kongress Ende 2017 beschlossenen Senkung rückgängig machen, schätzen die Experten des Vermögensverwalters Amundi Pioneer Asset Management. Das könnte die Gewinne im S&P 500 um etwa 20 Dollar pro Aktie schmälern, was Investoren aus den US-Aktien vertreiben und dem Dollar schaden könnte, sagt Amundi-Portfoliomanager Paresh Upadhyaya. Arthur Laffer Junior, Portfoliomanager bei Laffer Tengler Investments, löste vor kurzem seine Dollar-Positionen auf. Er glaubt, ein Sieg Bidens führt zu einem langsameren Wachstum und Druck auf die US-Währung. Sein Vater hatte Trump in wirtschaftlichen Fragen beraten.

Gegenwind für Finanzwerte

Das BlackRock Investment Institute senkte kürzlich seine Ratings für US-Aktien, da Bedenken über nachlassende fiskalische Anreize und Wahlunsicherheit bestünden. "Die beiden Parteien sind in ihrer Politik so weit voneinander entfernt wie nie zuvor, sodass sich das Ergebnis auf die Märkte auswirkt", fassen die Analysten von BlackRock zusammen. Eine mögliche neue Regulierung durch eine demokratische Regierung könnte Gegenwind für Energie- und Finanzwerte bedeuten, urteilen ihre Kollegen von UBS Global Wealth Management.

"Biden würde sich wohl dem derzeitigen internationalen Mainstream anschließen, was vermehrte Anstrengungen zum Vermeiden von Treibhausgasen angeht", heißt es bei der Helaba. "Trump verweigert sich diesem Trend ja komplett." Portfoliomanager Orlando von Federated Hermes hat die Cash-Quote bei seinen Investments angesichts der steigenden Coronavirus-Fälle und der sinkenden Umfragewerte Trumps erhöht. Sollte der Zuspruch für Trump weiter abnehmen, will er Positionen an dividendenzahlenden Aktien abbauen, da höhere Steuern auf Gewinnausschüttungen und Kapitalgewinne drohten.

Anleger setzen auf die Fed

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Doch ganz so eindeutig ist es für viele Anleger nicht, dass die Börsen auf einen Biden-Sieg negativ reagieren, zumal die US-Notenbank die Wirtschaft voraussichtlich weiter stützen wird. "Die massiven Stimuli der Fed haben wahrscheinlich ihren Höhepunkt erreicht, dürften aber sehr hoch bleiben, insbesondere unter einer demokratischen Regierung, welche die Haushaltsdefizite womöglich sogar ausweiten wird", sagt Stratege John Vail vom Vermögensverwalter Nikko Asset Management.

Einige Investoren sind auch vorsichtig, zu viel Vertrauen in Umfragen zu setzen, nachdem viele 2016 den Brexit und den Wahlsieg von Trump nicht vorhersagen konnten. Händler auf dem Optionsmarkt wetten deswegen vor allem auf einen Anstieg der Kursschwankungen um die Wahlen herum.

Quelle: ntv.de, lmw/rts

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