"Trübe Bestandsaufnahme" Chemiebranche sieht kaum Hoffnungsschimmer
13.12.2024, 19:03 Uhr Artikel anhören
Hohe Kosten, geringe Nachfrage, unrentable Werksauslastungen: Die deutschen Chemieunternehmen blicken auf ein trübes Geschäftsjahr und können keine anstehende Besserung der Lage ausmachen. Immerhin scheint die Talsohle erreicht. Doch die aus Sicht der Branche jahrelange Talfahrt hat Substanz gekostet.
In der deutschen Chemieindustrie bleiben die Aussichten düster. Der Branchenverband VCI rechnet für 2025 mit stagnierenden Aufträgen und Umsätzen, während die Produktion lediglich um 0,5 Prozent zulegen dürfte. "Die Stimmung in den meisten unserer Unternehmen ist nicht gut", sagte VCI-Präsident Markus Steilemann. "Die Aussichten für 2025 machen kaum Hoffnung, dass sich konjunkturell kurzfristig etwas ändert." Fast jedes zweite Unternehmen erwartet laut Mitgliederbefragung des VCI eine Verschlechterung der Ertragslage. "Die Jahresbilanz enttäuscht und die Aussichten sind ungewiss", konstatierte Steilemann.
Für das laufende Jahr bleibt die Prognose unverändert: Der Branchenumsatz dürfte um zwei Prozent sinken, während die Erzeugerpreise um 2,5 Prozent fallen. Zwar wird für die chemisch-pharmazeutische Industrie ein Produktionswachstum von zwei Prozent erwartet - das ist allerdings weniger, als die Branche nach einem positiven Jahresstart erhofft hatte. Seit 2018 ist die Produktion um ganze 16 Prozent zurückgegangen. In diese Zeit fiel allerdings auch die Corona-Krise in der das Leben in vielen Teilen der Welt zeitweise beinahe zum Stillstand gekommen war.
"Es ist eine trübe Bestandsaufnahme", urteilte Steilemann. "Der einzige Lichtblick ist, dass sich die rasante Talfahrt der letzten beiden Jahre nicht weiter fortgesetzt hat." Die Branche kämpft weiterhin mit einem Auftragsmangel. Die Produktionsanlagen waren 2024 laut VCI im Schnitt nur zu 75 Prozent ausgelastet und liegen damit seit vier Jahren in Folge deutlich unter dem notwendigen Grundwert für einen rentablen Betrieb. Unternehmen hätten deshalb erste Anlagen dauerhaft geschlossen, weitere Stilllegungen dürften folgen. "Jedem sollte klar sein: Was weg ist, ist weg", sagte Steilemann. Zugleich sinken die Investitionen in Deutschland, während knapp die Hälfte der VCI-Mitglieder ihre Auslandsinvestitionen ausbauen.
Die Chemiebranche ist Deutschlands drittgrößter Industriezweig nach der Autobranche und dem Maschinenbau. Sie leidet unter den noch immer vergleichsweise hohen Energiepreisen, hohen Rohstoffkosten und der schwachen Konjunktur. Der VCI kritisiert schon seit Langem die Bedingungen am Standort Deutschland und fordert insbesondere einen Bürokratieabbau sowie einen international wettbewerbsfähigen Industriestrompreis.
"Das größte Hemmnis sind die im internationalen Vergleich hohen Produktionskosten. Besonders gravierend ist der immer dichter werdende Bürokratie-Dschungel", sagte Steilemann. "Wir brauchen eine Kettensäge bei der Regulierung, um überbordende Bürokratie abzubauen, quälend lange Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und kleinteilige und widersprüchliche Regulierungen einzudämmen."
Quelle: ntv.de, jwu/rts