Wirtschaft

Größter Verlust seit Finanzkrise Credit Suisse muss Milliardenminus verkraften

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2022 markierte auch "den Beginn eines wichtigen und notwendigen Wandels" für Credit Suisse, erklärte Konzernchef Körner.

2022 markierte auch "den Beginn eines wichtigen und notwendigen Wandels" für Credit Suisse, erklärte Konzernchef Körner.

(Foto: picture alliance/KEYSTONE)

2022 sei "eindeutig eines der schlimmsten Jahre" in der Geschichte der Credit Suisse, sagen Analysten. Mit 7,3 Milliarden Franken fährt die Bank den höchsten Verlust seit der Finanzkrise 2008 ein. Die Konkurrenz zieht an dem skandalgeplagten Institut vorbei.

Die krisengeplagte Credit Suisse hat wegen der Kosten für den Konzernumbau und dem schwachen Investmentbanking für das vergangene Jahr das schlechteste Ergebnis seit der Finanzkrise ausgewiesen. Unter dem Strich stand ein Verlust von 7,3 Milliarden Franken (knapp 7,4 Milliarden Euro) nach einem Minus von 1,7 Milliarden Franken im Vorjahr, wie die Schweizer Großbank mitteilte. Einen höheren Fehlbetrag hatte die Credit Suisse zuletzt 2008 auf dem Höhepunkt der Finanzkrise ausgewiesen. Seit Jahren geht es bei dem Institut turbulent zu, mit Skandalen, roten Zahlen und Umwälzungen in der Führungsetage. Auch 2023 sieht es nicht nach Entspannung aus: Der Ausstieg aus Teilen des Investmentbankings und Restrukturierungskosten dürften zu einem erheblichen Vorsteuerverlust führen, warnte die Bank.

"Es war aber auch ein Jahr, das den Beginn eines wichtigen und notwendigen Wandels für unsere Organisation markierte", erklärte Konzernchef Ulrich Körner zur Bilanz 2022. Wegen Zweifeln an der finanziellen Verfassung des Konzerns zogen Kunden im Schlussquartal netto 110,5 Milliarden Franken ab. Zum Jahresende verwaltete die Bank noch Vermögen von rund 1,29 Billionen Franken. Die Maßnahmen, um diesen Trend zu stoppen, griffen, erklärte Körner. Im Januar habe die Bank Einlagenzuflüsse auf Gruppenebene verbucht.

"Wichtig ist, dass die Kunden uns nach wie vor mit überwältigender Mehrheit unterstützen, wofür wir weiterhin sehr dankbar sind." Doch die niedrigeren Kundeneinlagen und verwalteten Vermögen würden voraussichtlich zu einem Rückgang des Zinsertrags und der wiederkehrenden Kommissions- und Gebührenerträge führen. Dies dürfte für das Kerngeschäft mit Millionären und Milliardären im ersten Quartal 2023 einen Verlust nach sich ziehen.

Schwaches Quartal beschließt "schreckliches 2022"

Während der Jahresverlust der Credit im Rahmen der Erwartungen ausfiel, übertrafen die Abflüsse von Kundengeldern die Analystenschätzungen. Die Aktie brach um im frühen Handel um mehr als fünf Prozent auf 3,07 Franken ein. "Ein schwaches viertes Quartal 2022 beschließt ein schreckliches 2022, eindeutig eines der schlimmsten Jahre in der 167-jährigen Geschichte der Credit Suisse", erklärte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. "Das Jahr 2024 könnte eine Trendwende bringen, wenn auch mit wahrscheinlich immer noch geringen Gewinnen." Der Umbau zur "neuen Credit Suisse" werde Zeit brauchen.

Eine Reihe von Skandalen und Fehler im Risikomanagement hinterließen bei der zweitgrößten Schweizer Bank nun fünf Quartale in Folge rote Zahlen. Medienberichten zufolge soll die Bank über Jahre Kriminelle und korrupte Autokraten als Kunden akzeptiert haben. Die mauen Geschäfte und eine Reihe von negativen Schlagzeilen verschreckte auch die Kunden. Die Verunsicherung kulminierte Anfang Oktober mit wilden Spekulationen zur Zukunft der Bank in den sozialen Netzwerken. Inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt, doch die Ausfall-Versicherungen für Credit-Suisse-Anleihen enthalten immer noch einen kräftigen Risiko-Zuschlag und machen die Finanzierung des Instituts teurer.

Investmentbanking sorgt für Verluste

Der größte Mühlstein ist die Investmentbank, die über die Jahre wiederholt für schwere Verluste gesorgt hatte. Allein 2022 summierte sich das Minus auf 2,8 Milliarden Franken. Vor allem hier setzt Konzernchef Körner an. Ende Oktober verabschiedete sich die Bank endgültig vom Ziel, im Investmentbanking ein großes Rad zu drehen. Der frühere McKinsey-Berater kündigte eine Radikalkur einschließlich eines Ausstiegs aus weiten Teilen dieses Geschäfts und den Abbau von insgesamt 9000 Stellen an. Die Bonus-Summe für 2022 werde halbiert, bei den höherrangigen Mitarbeiter falle die Kürzung dabei überdurchschnittlich aus.

Große Teile des Geschäfts mit Übernahmeberatung und der Platzierung von Anleihen soll in die Tochtergesellschaft Credit Suisse First Boston (CSFB) ausgelagert und Insidern zufolge 2024 oder 2025 als eigenständige Firma an die Börse gehen. Als CSFB-Chef ist der Wall-Street-Veteran und frühere Credit Suisse-Verwaltungsrat Michael Klein vorgesehen. Dessen Beratungsboutique The Klein Group LLC will Credit Suisse nun für 175 Millionen Dollar kaufen und in die CSFB einbringen.

Konkurrenz eilt davon

Auch von einem zweiten bedeutenden Bereich der Investmentbank trennt sich Credit Suisse. Ein großer Teil ihres Geschäfts mit Kreditverbriefungen (Securitized Products Group) geht an US-Finanzinvestor Apollo Global Management, wie Credit Suisse bereits im Vorjahr mitteilte. Dieser Deal soll bis zur Jahresmitte abgeschlossen werden. In einem ersten Schritt verbuche die Bank damit einen Gewinn von 0,8 Milliarden Dollar.

Als Kernelement von Körners Umbau - dem dritten seit 2015 - soll die Vermögensverwaltung für Reiche und Superreiche einen noch größeren Stellenwert erhalten. Doch auch dieses Geschäft kränkelt, im vierten Quartal fiel ein Verlust von 155 Millionen Franken an. Zu der Schwäche der Finanzmärkte, die die Gebühreneinnahmen drückte, kommen die hausgemachten Probleme.

Credit Suisse verwies auch auf das schwierige Marktumfeld, doch vergleichbare Banken schnitten 2022 überraschend gut ab. Der Erzrivale UBS fuhr im vergangenen Jahr das beste Ergebnis seit 16 Jahren ein. Und die Deutsche Bank, die vor wenigen Jahren an einem ähnlichen Punkt stand wie die Credit Suisse jetzt, glänzte ebenfalls mit einem Milliardengewinn.

Quelle: ntv.de, mbu/rts

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