Geldpolitik "verhindert Reformen" Deutsche-Bank-Chefvolkswirt geht EZB an
02.11.2016, 12:23 Uhr
"Unangebracht" findet Deutsche-Bank-Ökonom Folkerts-Landau Draghis Auftreten angesichts der Bilanz von dessen Politik.
(Foto: AP)
In seiner neuesten Attacke auf den EZB-Präsidenten wird der Chefvolkswirt der Deutschen Bank persönlich. David Folkerts-Landau kritisiert nicht nur Draghis Politik scharf, sondern lässt sich auch über dessen "Auftreten" aus.
Die Kritik an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) aus der Deutschen Bank hat sich weiter verschärft. Laut deren Chefvolkswirt David Folkerts-Landau schade die EZB-Politik inzwischen mehr, als dass sie der Eurozone nutze. Das schreibt der Ökonom in einer aktuellen Studie. Das "selbstgefällige Auftreten" von EZB-Präsident Mario Draghi findet Folkerts-Landau daher "zunehmend unangebracht".
Die Zentralbanken des Eurosystems kaufen derzeit monatlich Anleihen für bis zu 80 Milliarden Euro. Viele Ökonomen erwarten, dass die EZB dieses Programm demnächst um mindestens ein halbes Jahr verlängern wird. Zudem verlangt die EZB von Geschäftsbanken 0,40 Prozent Zinsen für Einlagen. Sie begründet das damit, dass sie auf diese Weise die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen verbessern wolle. Das führe zu mehr Investitionen, die Arbeitskräftenachfrage erhöhten und damit letzten Endes auch die Inflation.
Negativen Folgen der Geldpolitik
Mario Draghi hatte die EZB-Politik kürzlich vor dem Deutschen Bundestag verteidigt und gesagt, dass die EZB-Maßnahmen Schlimmeres verhindert hätten und die Konjunkturerholung auf Kurs hielten. Folkerts-Landau hält dem entgegen: "Tatsächlich hat der Euroraum seit der 'Whatever it takes'-Rede von Herrn Draghi im Jahr 2012 kaum Wachstum, dafür aber die schlechteste Arbeitsmarktentwicklung im Vergleich mit anderen Industrienationen, zweistellige Arbeitslosenquoten, eine Jugendarbeitslosigkeit von über 20 Prozent, nicht tragfähige Verschuldungsquoten sowie weit hinter dem eigenen Ziel der Zentralbank zurückbleibende Inflationsraten verzeichnet."
Zu den negativen Folgen der Geldpolitik, die laut Folkerts-Landau inzwischen schwerer wiegen als ihre Vorteile, zählt der Deutsche-Bank-Chefvolkswirt unter anderem die Anleihekäufe der EZB, die zwar tatsächlich zu einer Verringerung der Risikoaufschläge für Anleihen der Länder am Rand der Eurozone geführt hätten - letzten Endes würden dadurch jedoch die Aussichten auf Reformen fast zunichte gemacht. Zudem hätten die Anleihekurse ihre Signalfunktion verloren. Die EZB verhindere eine schöpferische Zerstörung, stattdessen würden die Vermögenspreisblasen immer größer, so Folkerts-Landau.
Quelle: ntv.de, sde/DJ