Keine Pillen auf Knopfdruck DocMorris-Automat bleibt verboten
29.05.2019, 11:47 Uhr
Nur wenige Wochen durfte dieser DocMorris-Automat in Hüffenhardt Medikamente ausspucken
(Foto: dpa)
Die Versandapotheke DocMorris kämpft für den deutschlandweit ersten Apothekenautomaten. Dort sollen Kunden per Video Kontakt mit einem Apotheker aufnehmen. Doch das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt jetzt ein Verbot und der Ort bleibt weiterhin ohne Apotheke.
Der bundesweit erste Apothekenautomat von DocMorris bleibt bis auf Weiteres außer Betrieb. Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte das vom Landgericht Mosbach verhängte Verbot. DocMorris, eine europaweit tätige Versandapotheke aus den Niederlanden, hatte vor zwei Jahren in der baden-württembergischen Gemeinde Hüffenhardt (Neckar-Odenwald-Kreis) den ersten Automaten dieser Art in Deutschland in Betrieb genommen.
Schon nach einigen Wochen wurde das Projekt im Juni 2017 jedoch gerichtlich gestoppt - wegen eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz, wonach verschreibungspflichtige Medikamente nur von Apotheken an Verbraucher abgegeben werden dürfen. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg und Apotheker aus der Umgebung hatten geklagt - und waren jetzt auch vor dem Oberlandesgericht erfolgreich. DocMorris könnte aber noch zum Bundesgerichtshof ziehen.
Bei der "pharmazeutischen Videoberatung mit angegliederter Arzneimittelabgabe" konnten Kunden per Video Kontakt mit einem Apotheker in den Niederlanden aufnehmen und Medikamente aus einem Automaten erhalten. Gemessen am Wirbel, den er verursacht, ist der Apparat recht unauffällig: In den umgebauten Räumen einer früheren Apotheke, mit angeschlossenem Lager mit Platz für mehr als 8000 Schachteln, ist neben einem Bezahlterminal und einem Bildschirmtisch hinter Glas nur ein Stück Förderband zu sehen. Von dort fällt das gewünschte Medikament nach unten in den Ausgabeschacht - theoretisch.
Keine Apotheke mehr in 2000-Seelen-Ort
Seit vier Jahren gibt es keine Apotheke mehr in dem 2000-Seelen-Ort gut 20 Kilometer nordwestlich von Heilbronn. Wer Kopfschmerztabletten oder Blutdruckmittel braucht, muss fast sechs Kilometer weit fahren. "Die nächste Apotheke ist in Haßmersheim", sagt Hüffenhardts SPD-Bürgermeister Walter Neff. Er fand es deshalb gut, dass die europaweit tätige Versandapotheke aus den Niederlanden in der nordbadischen Gemeinde eine "Videoberatung mit Arzneimittelabgabe" eingerichtet hat.
Anders sieht das Valentin Saalfrank von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein. Er verweist auf jährlich rund 500.000 Notaufnahmen im Krankenhaus wegen unerwünschten Arzneimittelwirkungen durch vermeidbare Medikationsfehler. Deshalb plädiert er dafür, die Abgabe nur hochqualifizierten natürlichen Personen zu überlassen, die eine Betriebserlaubnis haben - anstelle von Kapitalgesellschaften, die zur Gewinnmaximierung verpflichtet seien. "Dass das, was in Hüffenhardt geschehen soll, keine Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel im Wege des Versandes darstellt, ist offensichtlich", meint der Medizinrechtler.
DocMorris trifft auch in der Politik auf Widerstand: Ein Referentenentwurf von CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn für ein "Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken" betont das Verbot von Arzneimittel-Automaten außerhalb von Apotheken. Hüffenhardts Rathauschef Neff versteht hingegen nicht, warum diese nicht als Alternative für den ländlichen Raum zugelassen werden sollen, wo kein Apotheker mehr hin will. "Man könnte es doch als Pilotprojekt laufen lassen."
Quelle: ntv.de, aeh/dpa