Wirtschaft

Export ohne Begutachtung? EU offenbar vor Handelspakt mit Südamerika

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Schon jetzt stammt mehr als die Hälfte der EU-Rindfleisch- und Geflügelimporte aus den Mercosur-Staaten.

(Foto: Reuters)

Bislang sind die Gespräche geheim, doch Medienberichten zufolge soll die EU kurz vor dem Abschluss eines Handelspakts mit Brasilien und anderen südamerikanischen Ländern stehen. Das könnte kurz nach dem Gammelfleischskandal den Verbraucherschutz schwächen.

Es wäre ein Handelsabkommen, das rund 800 Millionen Konsumenten betreffen würde: Die EU steht offenbar kurz vor dem Abschluss eines Handelspakts mit Brasilien und drei weiteren südamerikanischen Staaten. Das sogenannte Mercosur-Abkommen soll den Export von Industriegütern und Lebensmitteln anfachen - es könnte aber auch den Verbraucherschutz schwächen. Das legen Hunderte Seiten Verhandlungstext nahe, durch die die "Süddeutsche Zeitung" nach eigenen Angaben über Greenpeace und andere Quellen Einblick in die bislang geheim gehaltenen Gespräche erlangte.

So will die EU den Export aus südamerikanischen Lebensmittelbetrieben den Dokumenten zufolge ohne vorherige Begutachtung akzeptieren und sich stattdessen auf Garantien des Herkunftslands verlassen. „Vor dem Hintergrund, dass der größte Fleischproduzent Brasiliens noch dieses Jahr verdorbenes Fleisch exportieren wollte, erscheint die Lockerung der Verbraucherschutzstandards im Mercosur-Vertrag wie ein Hohn“, kritisiert Friedrich Ostendorff, Agrarexperte der Grünen im Bundestag. Im Frühjahr war in Brasilien ein Skandal um verdorbenes Fleisch aufgeflogen. Der Eigner des Fleischkonzerns JBS gab später an, jahrelang Gesundheits-Inspekteure und Politiker bestochen zu haben - bis hinauf zu Präsident Michel Temer.

Die Lieferungen aus den Mercosur-Staaten sollen durch das Abkommen stark zunehmen. Schon jetzt sind sie laut "Süddeutscher Zeitung" für mehr als die Hälfte der EU-Rindfleisch- und Geflügelimporte verantwortlich. Vertreter Deutschlands und anderer EU-Nationen billigten dem Pakt im handelspolitischen Ausschuss Ende November „herausragende strategische Bedeutung“ zu. Die EU will mit dem Abkommen auch ein Zeichen gegen den Protektionismus von US-Präsident Donald Trump setzen. Die europäische Autobranche setzt sich in einem Brief an die Brüsseler Kommission vehement für den Vertrag ein: „Unter den richtigen Bedingungen gibt es ein echtes Potenzial für Wachstum, angesichts der Größe des Mercosur-Marktes.“

Dass noch Hürden bestehen, zeigen die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegenden Dokumente aber auch: Polen und Österreich etwa fordern starke Schutzklauseln für Agrarimporte, Deutschland und andere Nationen lehnen das ab. Sie befürchten, dass die Mercosur-Staaten dann keinen stärkeren Industrie-Exporten zustimmen.

Quelle: ntv.de, ftü

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