Wohnhäuser, Fitnesscenter, PubElon Musk baut sich eine zweite Stadt

Elon Musk beginnt die Eroberung des Weltraums mit der Privatisierung eines Teils von Texas. Nach Starbase im Süden stampft er mit Snailbrook eine zweite "Company Town" rund um seine Tunnelfirma Boring Company im Norden des Bundesstaats aus dem Boden.
Mit seinem Raumfahrtunternehmen SpaceX möchte Elon Musk zum Mars fliegen. Bis er dieses Ziel erreicht, treibt der Multimilliardär mit nicht weniger großem Elan seine irdischen Projekte voran. Dazu gehören auch sogenannte "Company Towns", Musterstädte im texanischen Nirgendwo, in denen seine Mitarbeiter nach Regeln leben und arbeiten, die größtenteils Musk selbst bestimmt. 560 Kilometer nördlich seines Weltraumunternehmens SpaceX mit der angegliederten Stadt Starbase entsteht derzeit seine nächste Unternehmensstadt: Snailbrook in Bastrop County.
Benannt ist die Siedlung nach dem Maskottchen seiner Tunnelbaufirma The Boring Company, einer Schnecke (auf Englisch "snail"). Auf dem mehr als 25 Quadratkilometer großen Gelände von Musks Tunnelfirma Boring Company, wo sich auch Büros von dessen Firmen SpaceX und X befinden, sollen laut dem US-Finanzportal Bloomberg neben Werkshallen demnächst 20 Wohnhäuser für Mitarbeiter sowie ein Wissenschaftszentrum, Fitnessbereiche und weitere Annehmlichkeiten für die Beschäftigten entstehen.
Im Unterschied zur Gründung seiner ersten Firmenstadt Starbase wächst und gedeiht der Standort nahe der Metropole Austin den Angaben zufolge vergleichsweise reibungslos. Ein Schriftwechsel zwischen Musks Führungskräften und Behördenvertretern, der Bloomberg vorliegt, belegt demnach, wie abhängig die Region und ihre Kommunalpolitiker inzwischen von dem dominanten Investor sind und welche Sonderwünsche Musk geltend machen kann, weil sich die Region einen Aufschwung durch seine Ansiedlung erhofft.
The Boring Company wurde von Elon Musk gegründet, um die Kosten im Tunnelbau zu senken und den Verkehr durch den Bau von unterirdischen Tunnelsystemen zu entlasten. Bereits seit 2021, als das Unternehmen sich in Bastrop ansiedelte, arbeitet Musk unter Hochdruck an diesem Projekt - oft schneller als die Behörden mithalten können. So errichtete Boring Company seine Infrastruktur teils ohne die vorgeschriebenen Genehmigungen und musste wegen Verstößen bei der Abwasserentsorgung Strafen zahlen. Musks Kurs sei "konfrontativ", heißt es unter Berufung auf die vorliegenden Papiere.
Das Unternehmen versuchte wiederholt, seine Steuerlast zu reduzieren: Es feilschte über Säumniszuschläge und wollte im Falle eines Betriebskindergartens auf dem firmeneigenen Gelände keine Schulsteuern zahlen. Der Distrikt hat das abgelehnt. Andererseits unterstützte die örtliche Wirtschaftsförderung eine Gesetzesänderung, die den strengen texanischen Regeln für Alkohollizenzen in Bastrop künftig mehr Flexibilität verschafft - ein Vorteil, von dem der firmeneigene "Prufrock Pub" profitiert. Im Gegenzug bot das Unternehmen Spenden und die Mitfinanzierung von Sportanlagen an.
Abhängigkeit der lokalen Wirtschaft wächst
Für den ländlich geprägten Landkreis ist Musks Snailbrook ein Wachstumsmotor. Neue Arbeitsplätze, Einzelhandelsangebote und geplante Einrichtungen wie ein öffentliches MINT-Zentrum steigern die Attraktivität der Region. Dies befördere das Wohlwollen der Behörden, heißt es.
Andererseits bringt das schnelle Wachstum aber auch Belastungen mit sich, die für Unmut sorgen: So warnten Lokalpolitiker und Umweltschützer vor steigenden Abwassermengen und fehlenden Schutzmaßnahmen. Erst nach Protesten verzichteten Boring Company und SpaceX darauf, täglich über 100.000 Gallonen behandeltes Abwasser in den Colorado River einzuleiten. Stattdessen übernimmt nun die Stadt die Aufbereitung.
Zudem drängt sich die Frage auf, ob Bastrop überhaupt mit Musks Tempo Schritt halten kann - oder ob er Strukturen schafft, die de facto ein Paralleluniversum zur öffentlichen Verwaltung bilden. Ein Beispiel dafür ist der Vorstoß von der Boring Company, einen 600 Meter langen Fußgängertunnel zwischen Stadtzentrum und Flussufer zu bauen, der rund 7,5 Millionen Dollar kosten soll. Während die Stadt dafür Fördermittel beantragt, wächst die Skepsis mancher Bewohner. "Nur weil man es kann, heißt das nicht, dass man es sollte", zitiert Bloomberg einen Anwohner.
Snailbrook wie Starbase gehören zu den seltenen Fällen moderner "Company Towns" in den USA: Standorte, an denen ein einzelner Unternehmer Arbeitsplätze, Wohnraum, Freizeitangebote und künftig möglicherweise Teile der öffentlichen Infrastruktur kontrolliert. Musk profitiert dabei von einer Besonderheit in den USA: Die Gründung eigener Städte ist vergleichsweise unkompliziert. Im US-Bundesstaat Texas dürfen sich Siedlungen ab 200 Menschen, wenn es die Mehrheit wünscht, als Stadt proklamieren. Die Auflagen fürs Bauen innerhalb solcher Firmenstädte sind niedriger als außerhalb. Die Verwaltung liegt größtenteils in der Hand des Unternehmens. Beobachtern zufolge sind Musks Musterstädte aber vor allem eins: Blaupausen für Musks Siedlungen auf dem Mars.