Wirtschaft

"Stiefellecken" half nicht lange Elon Musk feuert seine Musterschülerin

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Crawford gab alles für "Twitter 2.0", arbeitete teils rund um die Uhr. Doch sie wurde genauso gefeuert wie Tausende andere Kolleginnen und Kollegen auch.

(Foto: picture alliance / AA)

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Während andere Twitter-Angestellte nach der Übernahme mit Entsetzen auf Neu-Eigentümer Elon Musk reagieren, geht Esther Crawford "all in". Sie verteidigt Musk gegen Kritik, übernachtet demonstrativ im Büro. Alles deutet auf einen steilen Aufstieg der Produktmanagerin hin. Doch nun ist auch für Crawford Schluss.

Esther Crawford war die Musterschülerin von Elon Musk bei Twitter. Doch nun hat der zweitreichste Mensch der Welt auch die Produktdirektorin gefeuert, die ihn monatelang gegen alle Kritik verteidigt und wie keine zweite öffentlich ihre Bereitschaft demonstriert hatte, Musk Forderungen nach "Hardcore"-Arbeit ohne Rücksicht auf das Privatleben zu erfüllen. Crawford sei mit etwa 50 weiteren Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens der jüngsten Entlassungswelle bei Twitter zum Opfer gefallen, berichten mehrere auf die Tech-Branche spezialisierte US-Medien.

Direkt nach der Übernahme von Twitter hatte Musk im Herbst Tausende Mitarbeiter in einem chaotischen Prozess gefeuert. Unter den Entlassenen wie Verbleibenden brach ein Sturm der Entrüstung los. Auch öffentlich, beispielsweise auf Twitter, musste Musk sich heftige Kritik nicht nur an den Entlassungen, sondern auch an seinen fachlichen Entscheidungen etwa zur Softwareentwicklung anhören. Einige Kritiker, die ihren Job nach der ersten Kündigungsrunde noch hatten, verloren ihn daraufhin. Insgesamt schrumpfte die Twitter-Belegschaft von etwa 7500 auf derzeit noch rund 2000 Personen.

Esther Crawford stach in dieser Zeit hervor. Im November verbreitete sich ein Tweet von ihr viral mit einem Foto, das sie mit Schlafsack und Schlafmaske auf einer Matte zwischen den Schreibtischen im Büro liegend zeigte. "Wenn sich dein Team rund um die Uhr ins Zeug legt, um die Deadlines zu schaffen, schläfst du manchmal, wo du arbeitest", schrieb Crawford dazu. Angesichts der chaotischen Massenentlassungen nahm sie Musk in Schutz. Auf Twitter schrieb sie, dass sie untröstlich sei, dass "so viele gute Leute" gehen müssten, "aber das Geschäft ist nicht profitabel und drastische Einschnitte wären überlebensnotwendig gewesen, egal, wer die Firma besitzt".

Bei einigen Kollegen kam diese Strategie, mit der Krise bei Twitter umzugehen, nicht gut an. Die "Financial Times" zitierte einen leitenden Mitarbeiter, Crawford betreibe "Stiefellecken" beim neuen Chef. Auch wenn sie sich in der Belegschaft offenbar unbeliebt machte, hatte Crawford zunächst Erfolg. Sie überstand nicht nur mehrere Entlassungsrunden, sondern erlangte die Aufmerksamkeit des Chefs selbst. Berichten zufolge soll sich Musk persönlich mit ihr getroffen haben. Im Bericht der "Financial Times" heißt es, Crawford habe eine Art Vermittlerrolle zwischen dem Konzernchef und dem Produktteam übernommen.

Trotz des Rauswurfs "zutiefst stolz"

Zuständig war Crawford unter anderem für das Bezahlmodell Twitter Blue und auch für die geplante Bezahlfunktion der Twitter App. Neben den drastischen Sparmaßnahmen sind es Funktionen wie diese, die Twitter nach Musks Vorstellung profitabel machen sollen. Twitter Blue hat bisher weniger als 300.000 zahlende Abonnenten. Um die nach Musks Übernahme eingebrochenen Werbeeinnahmen auszugleichen, dürfte das bei Weitem nicht reichen.

Ob Musk mit der Leistung von Crawford unzufrieden war, ist nicht bekannt. Nach der jüngsten Kündigungsrunde sind kaum noch Produktmanager in Leitungsfunktionen aus der Vor-Musk-Zeit bei Twitter übrig. Berichten zufolge will der neue Eigentümer einen vollständigen personellen Neuanfang in dem Bereich, dazu sollen fast alle Mitarbeiter ausgetauscht werden - egal, ob loyal oder kritisch.

Während in Kommentaren in den sozialen Medien Häme über Crawford angesichts ihres Rauswurfs hereinbricht, bereut die Managerin nichts. Zumindest schreibt sie das in einer Art Stellungnahme auf Twitter. Sie sei "all in" bei "Twitter 2.0" gegangen. Das als Fehler anzusehen, sei die schlechteste Lehre, die man nun ziehen könne. Sie sei "zutiefst stolz auf das Team für das, was es trotz so viel Lärm und Chaos geschaffen habe".

Quelle: ntv.de, mbo

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