Barrieren sollen abgebaut werden Hubertus Heil will mehr Geflüchtete in Arbeitsmarkt bringen
20.11.2023, 17:20 Uhr Artikel anhören
Gewerkschaften, Arbeitgeber und Politik wollen die Vermittlung Hunderttausender Geflüchteter einträchtig vorantreiben.
(Foto: picture alliance/dpa)
Deutschland fehlen Hunderttausende Arbeitskräfte. Zudem haben Geflüchtete in großer Zahl hier eine Heimat gefunden. Arbeitsminister Heil, Arbeitgeber und Gewerkschaften wollen die nun schneller in Arbeit bringen. Besonders in eine Gruppe setzt man große Hoffnung.
Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften wollen Hunderttausende Geflüchtete schneller in Arbeit bringen. Die Arbeit solle jeweils "so passgenau wie möglich" ausfallen, aber auch "so schnell es irgend geht" angetreten werden, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in Berlin nach einem Treffen mit Spitzenvertretern von Bundesagentur für Arbeit und Verbänden der Wirtschaft, Gewerkschaften, Unternehmen und Kommunen. Zum Start des von Heil im Oktober angekündigten "Job-Turbo" unterzeichneten die Beteiligten eine Erklärung "Jetzt in den Job: Integration in Arbeit lohnt sich". Zusammen wollen sie "insbesondere an einer Willkommenskultur in Betrieben arbeiten".
"Ersten geht's darum, mit den Geflüchteten engmaschiger in den Jobcentern zu reden, deutlich zu machen, dass es an der Zeit ist, jetzt in Arbeit zu kommen. Auch, dass es Mitwirkungspflichten gibt, dass die die nicht mitwirken, auch mit Leistungsminderungen zu tun haben", sagte der Minister RTL/ntv. Außerdem sei es wichtig, Hürden aus dem Weg zu räumen und den Menschen passgenaue Angebote zu machen. Heil mahnt auch, "dass wir der deutschen Wirtschaft, die ja händeringend Fachkräfte suchen, vermitteln müssen, dass man Menschen einstellen kann, auch wenn sie noch keine perfekten Deutschkenntnisse haben."
Bei der Vorstellung des Programms sagte Heil: "Ich bin froh, dass der Schulterschluss gelungen ist." Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine seien bereits 140.000 Menschen aus dem Land in Deutschland in Arbeit gekommen. "Das ist ein Anfang, aber das reicht mir bei weitem nicht", so Heil. Insgesamt gebe es 400.000 Geflüchtete, die ihren Integrationskurs abgeschlossen hätten oder kurz davor seien und dann dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden - rund die Hälfte davon aus der Ukraine.
Heil wollte keine Einschätzung abgeben, wie rasch diese Menschen in Arbeit integriert werden könnten. "Arbeitsmarkt-Integration ist kein Selbstläufer", sagte er. Aber: "Ich glaube, dass es gelingt, wenn wir uns hier unterhaken, dass wir in einem Jahr schon deutlich weiter sind als heute."
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, und DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sicherten Heil ausdrücklich Unterstützung zu. Kampeter sagte: "Die ukrainischen Flüchtlinge sind eine ganz besondere Herausforderung für den Arbeitsmarkt, weil sie besonders qualifiziert sind." Dabei müsse das Prinzip von Fördern und Fordern noch stärker kommuniziert werden.
1,7 Millionen offene Stellen
Es müsse Vorrang für Vermittlung der Betroffenen geben, damit aus Flüchtlingen Kolleginnen und Kollegen würden, sagte Kampeter. Geflüchtete sollten auch verstärkt in Ausbildungsprozesse eingebunden werden. Der Arbeitgebervertreter sagte: "Wir haben in Deutschland 1,7 Millionen offene Stellen." Insofern pflichtete er Heil bei, dass Qualifikation von Geflüchteten auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken könne.
"Viele sind längst in Arbeit und viele wollen Arbeit finden, werden aber ausgebremst", sagte DGB-Vorstandsmitglied Piel. Barrieren müssten abgebaut werden - auch bei heute oft fehlender Kinderbetreuung und Anerkennungen von Qualifikationen. Piel warnte allerdings, bei der Vermittlung Geflüchteter in Arbeit müsse Sorgfalt vor Eile gelten. Tempo sei zwar wichtig - aber nicht um jeden Preis. "Ziel muss gute Arbeit sein, denn Geflüchtete sind keine Lückenbüßer." Sie bräuchten eine echte Chance, entsprechend ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten in sozial sicherer, gut bezahlter Arbeit anzukommen. Sie mahnte auch mehr Geld und Personal in den Jobcentern an.
Heil betonte, klargemacht werden müsse, dass die Beschäftigten zunächst nicht perfekt Deutsch sprechen müssten. "Wir brauchen Unternehmen, die Geflüchtete auch mit Grundkenntnissen in Deutsch einstellen", beim Lernen der Sprache seien "pragmatische Lösungen" gefragt. Die Partner setzten auch auf berufsbegleitende Qualifizierung, um die Menschen ihren Fähigkeiten entsprechend einsetzen zu können. In individuellen Kooperationsplänen sollen etwa Schritte wie Weiterqualifizierung neben einer Beschäftigung oder weiterer Spracherwerb festgelegt werden. Gleichzeitig sei klar, dass die Geflüchteten auch Mitwirkungspflichten hätten, sagte der Minister. Bereits bei der Ankündigung des "Job-Motor" im Oktober hatte Heil gesagt, dass es Kürzungen beim Bürgergeld geben solle, wenn Arbeitsangebote nicht angenommen werden.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP