Bei Gewerkschaftskongress IG-BCE-Chef befürchtet Deindustrialisierung
09.10.2017, 16:26 Uhr
Michael Vassiliadis' Wiederwahl als Hauptvorstand gilt bei dem Kongress in Hannover als sicher.
(Foto: imago/localpic)
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) legt auf einem Kongress fest, in welche Richtung es künftig gehen soll. IG-BCE-Chef Vassiliadis kritisiert eine mangelnde industriepolitische Orientierung - und die um sich greifende Tarifflucht.
Der Chef der Industriegewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, hat vor ersten Zeichen einer schleichenden Deindustrialisierung in Deutschland gewarnt. Statt die industrielle Wertschöpfung im Land zu halten, würden Industrieprojekte verzögert, Investitionen behindert und Arbeitsplätze gefährdet, sagte Vassiliadis auf dem Gewerkschaftskongress der IG BCE in Hannover.
Dem Land fehle es an industriepolitischer Orientierung, kritisierte er: "Exportweltmeisterschaft finden alle cool und sexy, aber Flächen vor Ort für die Ansiedlung von Produktion, Logistik und Lagerhaltung - undenkbar." Zurückdrängen wolle die IG BCE die um sich greifende Tarifflucht, sagte Vassiliadis. "Wir kämpfen für eine soziale Ordnung in der Arbeitswelt, die auf Tarifautonomie und Mitbestimmung setzt." Wollten die Arbeitgeber geordnete Verhältnisse, "dann müssen sie auch selbst dazu beitragen".
Gleichzeitig hatte Vassiliadis schon am Sonntag zu Beginn des Kongresses vor einer Spaltung der Gesellschaft und radikaleren Tönen in der Politik gewarnt. "Ungleichheit frisst den Glauben an Gerechtigkeit und Demokratie auf. Viele Beschäftigte finden, dass ihr Alltag, ihre Wünsche und Sorgen in der Politik nicht ausreichend Aufmerksamkeit und Gehör finden." Von der Politik erwarte Vassiliadis, dass sie die Ursachen von "Radikalisierung an den Rändern und Frustration in der Mitte der Gesellschaft bekämpft."
Die IG BCE legt in Hannover in dieser Woche ihre Politik für die kommenden Jahre fest. Zudem steht die Neuwahl des Hauptvorstands an - Vassiliadis' Wiederwahl gilt als sicher. Bis Freitag stehen zahlreiche Politiker auf der Rednerliste, darunter Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Martin Schulz.
Quelle: ntv.de, ftü/dpa