Südwest-Gespräche gescheitert IG Metall ruft zu ganztägigen Warnstreiks auf
27.01.2018, 13:28 Uhr
Nun beginnt in der Metallindustrie die Zeit der Trillerpfeifen.
(Foto: imago/Deutzmann)
Die ganze Nacht verhandelt, trotzdem kein Ergebnis: Arbeitgeber und IG Metall finden in Stuttgart keinen Kompromiss. Südwestmetall-Chef Wolf wirft der Gewerkschaft vor, inakzeptable Vorschläge gemacht zu haben. Nun macht die IG Metall mobil.
Die IG Metall hat die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie erstmals zu 24-Stunden-Warnstreiks aufgerufen. Einen entsprechenden Beschluss habe der Vorstand der Gewerkschaft nach dem Abbruch der Verhandlungen gefasst, sagte der Erste Vorsitzende Jörg Hofmann in Stuttgart. Diese Warnstreiks könnten nach Abstimmungen der Beschäftigten von kommendem Mittwoch bis Freitag in bundesweit mehr als 250 Betrieben stattfinden. Zugleich sollen Urabstimmungen über Flächenstreiks vorbereitet werden, hieß es in einer Mitteilung.
Zuvor waren die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg gescheitert. Die IG Metall und der Arbeitgeberverband Südwestmetall erklärten die Gespräche nach rund 16 Stunden für beendet. "Ich bin fassungslos, wie man nach so einer langen Verhandlungszeit die guten Kompromisse und Lösungen, die man gefunden hat, einfach wieder vom Tisch nimmt", sagte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf. Die Gewerkschaft habe immer neue, für die Arbeitgeber inakzeptable Vorschläge gemacht.
IG-Metall-Unterhändler Roman Zitzelsberger schob den Arbeitgebern die Schuld zu. Diesen seien die Zuschüsse für Beschäftigte, die zur Pflege von Angehörigen oder zur Kinderbetreuung die Arbeitszeit verkürzen, zu teuer gewesen.
Beide Seiten wollen im Dialog bleiben
Das Gesamtvolumen des Tarifpakets, das die Gewerkschaft zuletzt für die 3,9 Millionen Beschäftigten forderte, belief sich den Arbeitgebern zufolge auf rund 8 Prozent bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Dem stand ihr Angebot von 6,8 Prozent gegenüber. Die IG Metall fordert auch ein individuelles Recht auf eine Arbeitszeitverkürzung auf bis zu 28 Stunden sowie einen Zuschuss für die Teilzeitbeschäftigten bei familiären Verpflichtungen oder belastender Schichtarbeit.
Von einem Scheitern wollte Zitzelsberger nicht sprechen, denn dann wäre eine Urabstimmung mit einem Dauerstreik unausweichlich. Das Tischtuch sei nicht zerschnitten, sagte er. Auch Gesamtmetall-Chef Rainer Dulger erklärte: "Wir werden natürlich im Dialog bleiben."
IG-Metall-Chef Hofmann hatte vor der fünften Verhandlungsrunde zwar schon mit Flächenstreiks gedroht, die es zuletzt 2003 in Ostdeutschland gab. Doch die Tarifparteien hatten hinter den Kulissen längst verabredet, einen allerletzten Einigungsversuch nach einer weiteren Streikwoche bis Anfang Februar zu unternehmen.
Gewerkschaft: Streikkasse gut gefüllt
Die Gewerkschaftskasse ist laut IG Metall gut gefüllt. Allein im Südwesten sind die Aktionen schon in 70 Betrieben vorbereitet. Gesamtmetall-Chef Dulger kündigte an, gerichtlich gegen die verschärften Streiks vorzugehen. Die Forderung nach dem Teilzeitzuschuss sei ungerecht und rechtswidrig - ein Streik dafür deshalb auch.
Viele Unternehmen treffen die Ausstände empfindlich, weil die Auftragsbücher randvoll sind und bei Produktionsausfällen die Kunden nicht beliefert werden können. "Ich möchte keinen Zweifel an unserer Stärke lassen, Streiks zu tragen", sagte Dulger. In den vergangenen beiden Wochen hatten schon mehr als 900.000 Beschäftigte im ganzen Land stundenweise die Arbeit niedergelegt.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts