Wirtschaft

Vorbild Schweiz IW-Chef: "Wir müssen wieder mehr arbeiten"

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Viele Arbeitnehmer sehnen sich danach, weniger zu arbeiten und liebäugeln mit der Vier-Tage-Woche. IW-Chef Hüther bezeichnet dies als unrealistischen Traum. Vielmehr müssten die Deutschen wieder mehr leisten. Das Heil allein in mehr Zuwanderung zu suchen, ist in seinen Augen auch keine Lösung.

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, fordert längere Arbeitszeiten, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. "Wir müssen wieder mehr arbeiten - so wie es die Schweiz vormacht", sagte der IW-Chef der "Rheinischen Post". Dort, aber auch in Schweden würde eine Vollzeitkraft fast 300 Stunden mehr im Jahr arbeiten als in Deutschland, führte Hüther weiter aus.

"Wir brauchen eine Ausweitung der individuellen Arbeitszeit im Jahr, nicht den unrealistischen Traum der Vier-Tage-Woche. Das kann über die Wochenarbeitszeit oder andere Urlaubsregelungen gehen, in Zeiten höherer Arbeitszeit- und Arbeitsortsouveränität ist das durchaus vermittelbar", sagte der Direktor des arbeitgebernahen Instituts.

Den Vorschlag des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, das Ehegattensplitting abzuschaffen, lehnt Hüther hingegen ab. "Die Debatte ist ein alter Hut. Wir müssen es den Paaren überlassen, mit welcher Aufteilung sie das gemeinsame Familieneinkommen erzielen wollen", sagte der IW-Chef.

Effekte für den Arbeitsmarkt erwartet Hüther bei einer Abschaffung nicht. "Das Ehegattensplitting hält Frauen nicht vom Arbeiten ab. Frauen nehmen dann Vollzeitjobs an, wenn die frühkindliche Betreuung besser ausgebaut ist", sagte der Ökonom.

"2023 fehlen bereits 4,2 Milliarden Arbeitsstunden"

Hüther erwartet Verwerfungen in der Wirtschaft, wenn der Fachkräftemangel nicht behoben wird. "Wir müssen das Erwerbspotenzial besser ausschöpfen, um den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft mit einer dann kleineren Bevölkerung zu schaffen. Ohne die Arbeitszeitverlängerung wären in den nächsten Jahren bestenfalls noch Wachstumsraten von 0,5 bis 0,75 Prozent möglich. Und die Inflation würde über Jahre bei drei bis dreieinhalb Prozent liegen."

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Forderungen nach einer Zuwanderung von ein bis anderthalb Millionen Menschen nach Deutschland hält Hüther für übertrieben. "Eine Million Zuwanderer sind zu viel und würden die Integrationskosten gewaltig in die Höhe treiben", sagte der IW-Chef. Um jährlich 200.000 Arbeitskräfte netto ins Land zu holen, so Hüther, kämen derzeit 800.000 Zuwanderer brutto ins Land.

"Uns werden bereits im Jahr 2023 rund 4,2 Milliarden Arbeitsstunden fehlen jährlich. Die werden wir nicht mit Zuwanderung bekommen", führte der Ökonom weiter aus. Hüther: "In allen Ländern ums uns herum, in der OECD, in der nördlichen Hemisphäre bestehen ja die gleichen Probleme, alle leiden unter einem Mangel an Arbeitskräften."

Quelle: ntv.de, jog

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