Steigende Zinsen und Inflation Immobilienriese Vonovia schreibt Milliardenverlust
04.08.2023, 08:53 Uhr Artikel anhören
Die Unternehmenszentrale des Immobilienkonzerns Vonovia.
(Foto: dpa)
Auf Deutschlands Wohnungsriesen Vonovia lasten bereits Milliardenschulden. Und dann kommt da noch die Krise des Marktes hinzu. Im ersten Halbjahr summiert sich das Minus in der Bewertung der Immobilien auf rund 6,4 Milliarden Euro. Der Vonovia-Chef bemüht sich aber um Optimismus.
Die Folgen der Krise des Immobilien-Markts lasten auf dem deutschen Branchenprimus Vonovia. Die Bochumer mussten im zweiten Quartal den Wert ihres Immobilien-Portfolios gegenüber dem Vorjahr um rund 2,7 Milliarden Euro herunterschreiben, wie sie mitteilten. Im Halbjahr summierte sich das Minus in der Bewertung der Immobilien sogar auf rund 6,4 Milliarden Euro. Unter dem Strich schrieb Vonovia von April bis Juni einen Verlust von rund zwei Milliarden Euro nach einem Gewinn von 1,8 Milliarden Euro vor Jahresfrist.
Der Verschuldungsgrad (LTV) lag damit laut Halbjahresbericht per Ende Juni bei 47,2 Prozent und damit deutlich oberhalb des vom Management angestrebten Korridors von 40 bis 45 Prozent. Der LTV ist bei Immobilien-Konzernen auch eine für die Beschaffung von Krediten wichtige Kennzahl. Die Refinanzierung bei Vonovia sei aber bis inklusive 2024 gedeckt, betonten die Bochumer. "Das Vertrauen des Kapitalmarktes in unser Geschäftsmodell ist weiterhin hoch", sagte Finanzchef Philip Grosse.
Auf Vonovia lasten Schulden von rund 43 Milliarden Euro. Der Gewinn aus dem operativen Geschäft (Group FFO) sank im Quartal leicht um 0,3 Prozent auf 502 Millionen Euro, wie Vonovia weiter mitteilte. Der operative Gewinn (EBITDA) aus der Vermietung von Wohnungen sei gestiegen. Es gebe faktisch keinen Leerstand in den Miet-Wohnungen des Konzerns.
Ihre Prognose bekräftigten die Bochumer: Der Group FFO werde 2023 auf 1,75 bis 1,95 Milliarden Euro schrumpfen, nach knapp über zwei Milliarden Euro im Vorjahr. Vonovia-Chef Rolf Buch sagte, Vonovia sei bis Ende 2024 faktisch durchfinanziert und sehe eine gute Entwicklung. "Die Frage nach der Kapitalerhöhung ist obsolet", sagte er.
Konsolidierung nach Expansionskurs angesagt
Die Immobilienbranche steht unter Druck. Steigende Zinsen, explodierende Baukosten und die hohe Inflation machen den Unternehmen zu schaffen. Hinzu kommt, dass es kaum noch größere Transaktionen gibt - viele Marktteilnehmer können so nur schwer bewerten, was die Immobilienbestände der Konzerne wirklich wert sind. Das schürt Unsicherheit. "Die Angebotspreise für Wohnungen gingen im zweiten Quartal 2023 weiter zurück, allerdings flacht der Rückgang ab", erklärte Vonovia.
Vonovia-Chef Buch hatte wegen der Krise den Expansionskurs der vergangenen Jahre samt Übernahme des kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen für beendet erklärt. Vonovia will nun Immobilien verkaufen und Partner ins Boot holen. Zwei Transaktionen gelangen 2023 bereits. Vonovia hat für einen Verkauf Pakete mit einem Volumen von rund 13 Milliarden Euro identifiziert. Neubauprojekte wurden auf Eis gelegt, die Dividende für 2022 gekürzt.
Die Immobilien-Wirtschaft will nun bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz im September milliardenschwere Erleichterungen für die Branche durchsetzen, um den kriselnden Wohnungsbau wieder in Schwung zu bringen. "Die Bundesländer sollten die Grunderwerbsteuer für zwei Jahre aussetzen", hatte ZIA-Präsident Andreas Mattner mit Blick auf das Treffen des "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" gefordert.
Quelle: ntv.de, ghö/rts