Erosionserscheinungen in Europa Industrie vermisst Aufträge
07.08.2012, 15:54 Uhr
Rauchende Schlote bei BASF in Ludwigshafen: Die Inlandsnachfrage geht stärker zurück als die Auslandsorder.
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Es sind düstere Vorzeichen, die das Wirtschaftsministerium beim Zählen der georderten Waren in der deutschen Industrie entdeckt: Die Bestellungen gehen im Juni stärker zurück als erwartet. Für den Herbst rechnen Experten mit dem Ende des Aufschwungs.

Produzenten von Vorleistungsgütern spüren es am stärksten: "Die Verunsicherung (...) wirkt sich negativ auf das Bestellverhalten aus", sagt Lanxess-Chef Axel Heitmann.
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Die konjunkturelle Flaute und die Auswirkungen der Schuldenkrise bescheren der deutschen Industrie das größte Auftragsminus seit vergangenem November: Im Juni sammelten die Unternehmen 1,7 Prozent weniger Bestellungen ein als im Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Im Vorfeld befragte Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Rückgang von 1,0 Prozent gerechnet.
Immerhin: Im Frühjahr lagen die Aufträge rund 0,6 Prozent über dem Vorquartal. Beobachtern zufolge dürfte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal jedoch insgesamt kaum noch gewachsen sein.
Andere Konjunkturbarometer wie das Ifo-Geschäftsklima deuten sogar auf . "Es muss befürchtet werden, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal schrumpft", sagte Commerzbank-Ökonomin Ulrike Rondorf.
Die exportorientierte Industrie kämpft zunehmend mit der Flaute. Denn nicht nur die Nachfrage aus den Euro-Ländern schwächelt, sondern auch die globale Konjunkturabkühlung bremst wichtige Absatzmärkte. Dies spürt etwa der Chemiekonzern : "Die Verunsicherung gerade in der von der Schuldenkrise beeinflussten Eurozone wirkt sich negativ auf das Bestellverhalten aus", sagte Konzernchef Axel Heitmann.
Jüngst hatte auch Siemens-Chef nach einem Auftragseinbruch Investoren und Belegschaft auf härtere Zeiten eingestimmt. Experten gehen davon aus, dass die gesamte deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal nur um 0,2 Prozent gewachsen ist, nach dem kräftigen Plus von 0,5 Prozent zu Jahresanfang.
"Bestellungen ohne eindeutigen Trend"
Die Inlandsnachfrage der Industriebetriebe ging im Juni um 2,1 Prozent zurück, die Auslandsaufträge sanken um 1,5 Prozent. Das Geschäft mit Handelspartnern innerhalb der Eurozone schrumpfte im Juni um knapp fünf Prozent, nach einem kräftigen Plus im Mai von fast acht Prozent.
Der Auftragseingang tritt nach Ansicht des Ministeriums derzeit auf der Stelle: "Die Bestellungen in der Industrie weisen derzeit keinen eindeutigen Trend auf." Am stärksten fiel das Auftragsminus im Juni bei den Produzenten von Vorleistungsgütern wie Stahl oder Chemie mit 3,2 Prozent aus.
Maschinenbauer und Hersteller von anderen Investitionsgütern verbuchten ein Minus von 1,0 Prozent. Das Neugeschäft bei Produzenten von Konsumgütern fiel nur leicht um 0,1 Prozent.
Noch stärker als Deutschland ächzen und Italien unter der Schuldenkrise. Beide Länder rutschten im zweiten Quartal noch tiefer in die Rezession. In Italien schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt bereits und mit 0,7 Prozent stärker als erwartet.
Quelle: ntv.de