"Rate sinkt nicht wie erhofft" Inflation der Eurozone so niedrig wie Anfang 2022
31.07.2023, 13:19 Uhr Artikel anhören
Am besten kauft es sich derzeit in Belgien ein.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Trend hält an. Auch in der Eurozone nähert sich die Verbraucherpreisentwicklung langsam, aber sicher dem Inflationsziel von 2 Prozent an. Doch Ökonomen sehen noch viel Arbeit vor der EZB. Einer spricht trotz fallender Preise sogar von einer "negativen Inflationsüberraschung".
Die Inflation in den Euroländern hat sich den zweiten Monat in Folge abgeschwächt. Im Juli lag die Teuerung im Jahresvergleich bei 5,3 Prozent, wie die Statistikbehörde Eurostat mitteilt. Dies ist die niedrigste Inflationsrate in der Eurozone seit Anfang 2022. Im Juni lag sie noch bei 5,5 Prozent, im Mai bei 6,1 Prozent.
Hauptgrund für die Abschwächung waren die sinkenden Energiepreise, die um 6,1 Prozent zurückgingen. Hoch blieben dagegen die Kosten für Lebensmittel, Alkohol und Tabak: Sie stiegen im Juli um 10,8 Prozent, nach 11,6 Prozent im Juni.
Die Kerninflation lag im Juli bei 5,5 Prozent, wie Eurostat weiter mitteilt. Darin fehlen stark schwankende Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak. Nach Meinung vieler Ökonomen stellt sie den Inflationstrend besser dar als die Gesamtrate und ist somit ein wichtiges Kriterium für die Europäische Zentralbank, deren Zielmarke bei zwei Prozent liegt.
Vorbild Belgien, Schlusslicht Slowakei
In Deutschland sind die Verbraucherpreise im Juli um 6,2 Prozent gestiegen. Am niedrigsten war die Teuerungsrate im Juli in Belgien mit 1,6 Prozent. Am höchsten war sie in der Slowakei mit 10,2 Prozent.
Im vergangenen Jahr war die Inflation durch den russischen Angriff auf die Ukraine zeitweise zweistellig gewesen. Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich gegen die Entwicklung mit kräftigen Zinsanhebungen, seit Sommer 2022 hat sie ihre Leitzinsen um insgesamt 4,25 Prozentpunkte angehoben. Der weitere Kurs ist aber ungewiss.
"Negative Überraschung"
Nach Meinung der Experten kann sich die Notenbank nicht auf dem Erreichten ausruhen. "Die Rolle der EZB ist nun, der Inflation den letzten Stoß zu versetzen, sodass sie auch wirklich zügig bis auf das Zwei-Prozent-Ziel zurückfällt", kommentiert Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, die Zahlen von Eurostat. "Ob sie dafür schon genug getan hat, ist durch die langsame Wirkung der Geldpolitik auf die Preise und viele weitere Unbekannte noch schwer zu sagen." Denn derzeit seien vor allem sinkende Energiepreise und sich auflösende Angebotsengpässe für die fallenden Preise verantwortlich.
Deutlicher wird der Chefvolkswirt von Hauck Aufhäuser Lampe: "Das ist eine negative Inflationsüberraschung, vor allem die Kernrate sinkt nicht wie erhofft", sagte Alexander Krüger. "Die EZB darf sich auf eine weiter sinkende Inflationsrate nicht verlassen. Insbesondere seitens der Löhne kann es neue unschöne Überraschungen geben."
Quelle: ntv.de, chr/dpa/rts