"Man muss auch schwitzen" Lindner und Wirtschaftsbosse fordern mehr Leistungsbereitschaft
23.01.2024, 20:29 Uhr Artikel anhören
"Ohne Leistungsbereitschaft und mehr Wettbewerbsfähigkeit werden wir diese Ansprüche nicht mehr einlösen können", sagte Finanzminister Lindner.
(Foto: picture alliance/dpa)
Das Wohlstandsniveau ist in Gefahr - zumindest sehen dies FDP-Chef Lindner und die Chefs der Deutschen Bank und Boschs so. Sie monieren eine sinkende Bereitschaft zur Anstrengung. Die Debatte über die Einführung einer Vier-Tage-Woche gehe völlig am Bedarf und auch der Realität vorbei.
Bundesfinanzminister Christian Lindner und die Chefs von Siemens und Deutscher Bank haben an die Leistungsbereitschaft Bürger appelliert, um den Lebensstandard zu wahren und die Wirtschaft zu stärken. "Dieses Land hat sich an einen spitzenmäßigen Lebensstandard weltweit gewöhnt, an eine spitzenmäßige soziale Absicherung und wir wollen spitzenmäßig sein bei der ökologischen Verantwortung", sagte Lindner bei einer Wirtschaftsveranstaltung der "Welt" laut Angaben der Medien-Gruppe. Wer diese Ansprüche habe, müsse aber auch spitzenmäßige Leistungen bringen. "Ohne Leistungsbereitschaft und mehr Wettbewerbsfähigkeit werden wir diese Ansprüche nicht mehr einlösen können."
Fehlende Leistungsbereitschaft kritisierten auf der Veranstaltung der "Welt" zufolge auch Unternehmenschefs. Wer jung sei und einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen wolle, der müsse auch hart arbeiten, sagte Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch. "Allein durch Genialität wird man es nicht schaffen, man muss auch schwitzen."
"Nicht die Mentalität, die das Land braucht"
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sagte, Deutschland brauche dringend mehr Wachstum. "Und dafür müssen wir auch bereit sein, wieder mehr und härter zu arbeiten - statt über eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich zu diskutieren." Siemens-Chef Roland Busch sagte dem Blatt zufolge, auch in seinem Unternehmen seien nicht weniger, sondern mehr Arbeitsstunden notwendig. Mitbestimmung habe zahlreiche positive Aspekte. "Gleichzeitig halte ich die Diskussion um eine Vier-Tage-Woche für komplett verkehrt. Gerade mit Blick auf die Überalterung der Gesellschaft und fehlende Arbeitskräfte geht diese Diskussion in die falsche Richtung."
Auch CDU-Chef Friedrich Merz monierte ein Mentalitätsproblem. Mit Blick auf den Mega-Streik der GDL bei der Bahn sagte er: "Ich finde es hochgradig irritierend", was gerade bei den dortigen Tarifverhandlungen geschehe. "Immer mehr Geld für weniger Arbeit zu fordern, zeugt nicht von der Mentalität, die das Land jetzt braucht." Die Gewerkschaft fordert eine Senkung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich und versucht, dies mit dem inzwischen vierten Ausstand durchzusetzen.
Bundeskanzler Olaf Scholz verwies den Angaben zufolge bei der Veranstaltung darauf, dass Politik nur Rahmenbedingungen vorgeben könne. Man könne nicht per Gesetz vorschreiben, dass alle zehn Stunden mehr arbeiten müssten. "Aber wir können dafür sorgen, dass mehr Bürgerinnen und Bürger länger arbeiten wollen." Dazu gehöre etwa, dass Unternehmen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen mehr Rücksicht auf Familien nehmen und Ganztagsangebote von Kitas und Schulen deutschlandweit ausgebaut würden.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/AFP