Bedenken wegen Orban? Madrid verbietet Talgo-Verkauf nach Ungarn
27.08.2024, 15:28 Uhr Artikel anhören
Talgo baut unter anderem die Schnellzüge für die Spanische Bahn Renfe.
(Foto: picture alliance / Markus Mainka)
Der spanische Zughersteller Talgo sitzt auf vollen Auftragsbüchern und hat Mühe, die Bestellungen abzuarbeiten. Das sorgt für Interesse bei Käufern. Einem erteilt der Staat nun eine Absage. Berichten zufolge sorgt sich die Regierung in Madrid um die Sicherheit der Infrastruktur - wegen Ungarns Nähe zu Russland.
Die spanische Regierung blockiert den Verkauf des Zugherstellers Talgo nach Ungarn. Das Kabinett machte in seinem Veto gegen die 619 Millionen Euro schwere Offerte des teilstaatlichen Konsortiums Ganz-MaVag für Talgo "Gefahren für die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung" geltend, wie das Wirtschaftsministerium in Madrid bestätigte. Zu dem Konsortium um den ungarischen Zughersteller MaVag (Magyar Vagon) gehört auch der Staatsfonds Corvinus. Talgo und Ganz-MaVag waren für Stellungnahmen zunächst nicht zu erreichen.
Medienberichten zufolge hat die Regierung Bedenken wegen der Nähe von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban zu Russland. Sie hatte mehrfach die strategische Bedeutung von Talgo betont, weil der Konzern Zugang zu sensiblen Informationen über das Eisenbahnnetz des Landes habe, was auch die nationale Sicherheit berühre. Die Wertpapieraufsicht CNMV setzte die Aktien von Talgo vorübergehend vom Handel aus.
Talgo sitzt auf einem Auftragsbestand von mehr als vier Milliarden Euro, hat aber Kapazitätsprobleme, ihn abzuarbeiten. Die Deutsche Bahn hatte Talgo im vergangenen Jahr den größten Auftrag seiner Geschichte erteilt: Die Spanier sollen für 1,4 Milliarden Euro weitere 56 "ICE L"-Züge für den Fernverkehr liefern.
Ganz-Mavag hatte sein offizielles Übernahmeangebot für Talgo bereits im März eingereicht. Seither schossen in den spanischen Medien die Spekulationen um Alternativen ins Kraut. Der tschechische Konkurrent Skoda Transportation hatte zunächst ein Interesse an einem Zusammengehen mit Talgo signalisiert, Ende Juli aber klargestellt, dass er kein Übernahmeangebot plane.
Der Finanzinvestor Trilantic hält rund 40 Prozent an Talgo. Im März hatte es in Medienberichten geheißen, Trilantic erwäge einen Verkauf seiner Anteile an den Schweizer Rivalen Stadler Rail, der in Valencia Lokomotiven baut. Später hieß es, der spanische Staat wolle das Trilantic-Aktienpaket kaufen. Skoda Transportation gehört zur Holding PPF Group, hinter der die Witwe des vor drei Jahren ums Leben gekommenen Milliardärs Petr Kellner steht. Mit dem gleichnamigen Autobauer Skoda, der zum Volkswagen-Konzern gehört, hat das Unternehmen nur die Wurzeln gemeinsam.
Quelle: ntv.de, jwu/rts