Unter Aufsicht des Geheimdiensts Marsalek soll in Moskauer Umgebung sein
19.07.2020, 21:58 UhrDie Vermutungen, der ehemalige Wirecard-Vorstand Marsalek sei nach Weißrussland geflohen, scheinen sich zu bestätigen: Das "Handelsblatt" berichtet, der russische Militärgeheimdienst habe Marsalek von dort in die Nähe Moskaus gebracht.
Der flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek ist laut Informationen des "Handelsblatt" in Russland. Der Manager sei auf einem Anwesen westlich von Moskau unter Aufsicht des russischen Militärgeheimdienstes GRU, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Unternehmer-, Justiz- und Diplomatenkreise. Zuvor habe Marsalek erhebliche Summen in Form von Bitcoins aus Dubai nach Russland geschafft.
Laut der Investigativ-Plattform Bellingcat sei Marsalek noch am Tag seiner Freistellung bei Wirecard Mitte Juni von Klagenfurt über Tallin ins weißrussische Minsk geflogen, so das "Handelsblatt" weiter. Wegen des politischen Konflikts zwischen Russland und Weißrussland sei es dem GRU aber wohl zu riskant gewesen, Marsalek im Nachbarland zu belassen. Deshalb habe man ihn weiter nach Russland geschafft.
Der "Spiegel" hatte bereits am Samstag berichtet, Marsalek sei kurz nach seiner Freistellung in Weißrussland eingereist. Dies ergebe sich aus dem russischen Ein- und Ausreiseregister. Eine Wiederausreise sei dort bislang nicht verzeichnet, was darauf hindeute, dass Marsalek noch in Weißrussland oder Russland sei. Die Erkenntnisse nähren laut "Spiegel" die These, Marsalek habe mit russischen Geheimdiensten kooperiert oder für sie gearbeitet. Bislang war vermutet worden, der Manager sei auf den Philippinen.
Bereits 60 Mal in Russland eingereist
Das "Handelsblatt" zitiert das Bellingcat-Team, Marsalek sei in den vergangenen zehn Jahren über 60 Mal in Russland gewesen. "Seine Einwanderungsakte ist 597 Seiten lang. Das ist weit mehr als bei jedem Ausländer, dem wir in den fünf Jahren solcher Untersuchungen begegnet sind." Dabei habe er sechs verschiedene Pässe benutzt.
Wirecard hatte Mitte Juni ein Bilanzloch von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und kurz darauf Insolvenz angemeldet. Marsalek war für das Asien-Geschäft des Dax-Konzerns zuständig, das im Zentrum des Skandals steht. Er ist seit Wochen untergetaucht. In Deutschland ist in Folge der Entdeckungen eine Debatte über Versäumnisse von Behörden und Wirtschaftsprüfern entbrannt, denen die Bilanzfälschungen lange verborgen geblieben waren.
Quelle: ntv.de, lwe/rts