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Talente fliehen in Scharen OpenAI wird zur milliardenschweren One-Man-Show

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OpenAI wurde 2015 als gemeinnützige Einrichtung zur Forschung an Künstlicher Intelligenz (KI) gegründet.

OpenAI wurde 2015 als gemeinnützige Einrichtung zur Forschung an Künstlicher Intelligenz (KI) gegründet.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Um OpenAI-Chef Sam Altman wird es einsam: Nach und nach verlassen Top-Führungskräfte das Unternehmen. Derweil will sich das KI-Startup attraktiver für Investoren machen und seine Struktur ändern. Besonders für Altman könnte sich das am Ende auszahlen.

Die Reihen um OpenAI-Chef Sam Altman lichten sich: Mit der Rückzugsankündigung von Technologiechefin Mira Murati setzt sich die Abgänge in der Führungsetage des ChatGPT-Entwicklers fort. Nach Aussage von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern war Murati eine der wichtigsten Führungskräfte und für einen Großteil des Tagesgeschäfts verantwortlich. Die 35-Jährige, die oft als ein Gesicht der Firma auftrat, schrieb auf X, sie wolle Zeit und Raum für eigene Forschungsarbeit haben, und bedankte sich bei Altman. Ihr Statement lässt nicht darauf schließen, dass sie das Unternehmen im Streit verlässt.

Dabei herrschte in der Vergangenheit bei Weitem nicht immer eitel Sonnenschein zwischen Murati und Altman. Sie war im vergangenen November kurzzeitig zur Chefin des KI-Startups ernannt worden, nachdem der Verwaltungsrat des Unternehmens Altman überraschend herausgedrängt hatte. Sie soll eine nicht unbedeutende Rolle bei Altmans vorübergehendem Rauswurf gespielt haben.

Nach Aussage von Personen aus dem Umfeld des Unternehmens hatte Murati im Vorfeld einige Mitglieder des OpenAI-Boards auf ihre Bedenken hinsichtlich Altmans Führungsstil angesprochen. Sie habe einige seiner Führungstaktiken als psychologisch missbräuchlich bezeichnet und gesagt, dass sie wahrscheinlich kündigen werde. Wenig Tage später kehrte der Mitgründer jedoch nach Druck von Mitarbeitern und des Großinvestors Microsoft auf den Chefposten zurück.

Eigentümerstruktur auf dem Prüfstand

Murati ist nicht die Erste, die dem Unternehmen den Rücken kehrt. Im Mai verließ Forschungschef Ilya Sutskever, der ebenfalls eine Rolle bei Altmans Rauswurf gespielt hatte, OpenAI. Er hat inzwischen ein neues Startup, das hochintelligente KI-Software entwickeln will. Ein weiterer Mitgründer, der Forscher John Schulman, ging zum Konkurrenten Anthropic. Darüber hinaus hat sich der Mitbegründer und ehemalige Präsident Greg Brockman kürzlich bis Ende des Jahres beurlauben lassen.

Muratis Rücktritt kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. OpenAI versucht derzeit, eine Finanzierungsrunde in Höhe von bis zu 6,5 Milliarden US-Dollar abzuschließen. Die Risikokapitalgesellschaft Thrive Capital hat rund 1 Milliarde Dollar zugesagt. Laut früheren Berichten des "Wall Street Journals" verhandelt OpenAI mit dem langjährigen Geldgeber Microsoft sowie mit Apple, Nvidia und MGX aus den Vereinigten Arabischen Emiraten über Investments.

Um sich für Investoren attraktiver zu machen, krempelt OpenAI derweil Berichten zufolge seine Eigentümerstruktur um: Der KI-Entwickler will von einer Non-Profit-Organisation (NGO) zu einem gewinnorientierten Unternehmen werden. Die gemeinnützige Organisation, die bislang über den Verwaltungsrat den gewinnorientierten Teil des ChatGPT-Entwicklers kontrolliert, solle ihre Mehrheit abgeben, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Ungewöhnliche Eigentümerstruktur

Für das Startup wäre das ein epochaler Wandel. Mit der neuen Struktur würde nicht mehr beschränkt, wie viel Geldgeber mit ihrer Investition verdienen können, schreibt das "Wall Street Journal". "Wir konzentrieren uns weiterhin auf die Entwicklung von KI, die allen zugutekommt", teilte OpenAI mit. "Die gemeinnützige Organisation ist das Herzstück unserer Mission und wird auch weiterhin bestehen." Über die Details wird noch verhandelt. Außerdem ist der Zeitplan noch unklar. Experten erwarten, dass der Übergang komplex sein und Jahre dauern wird.

OpenAI wurde 2015 als gemeinnützige Einrichtung zur Forschung an Künstlicher Intelligenz (KI) gegründet. Vier Jahre später kam OpenAI LP als gewinnorientierte Tochter hinzu, in die unter anderem der Software-Konzern Microsoft Milliarden investiert hat. Die ungewöhnliche Eigentümerstruktur von OpenAI sollte ursprünglich dazu dienen, die Entwicklung einer "sicheren Künstlichen Allgemeinen Intelligenz" (Artificial General Intelligence, AGI) sicherzustellen.

Einige Kritiker befürchten, dass OpenAI durch die Umstrukturierung die Tests für mögliche negative Folgen von KI vernachlässigen könnte. Das Unternehmen hatte zuvor bereits das Team, das sich mit diesem Thema beschäftigte, aufgelöst. KI-Experte Teo Pham kann den Schritt einerseits nachvollziehen, schließlich sei das Entwickeln von KI-Modellen "unglaublich kostspielig". "Ein Non-Profit kann solche Beträge nicht einsammeln, deshalb muss OpenAI weitere profitorientierte Investoren mit an Bord holen", sagt Pham ntv.de. Allerdings leide natürlich die Glaubwürdigkeit von OpenAI. "Viele Forscher und auch die AI Community haben OpenAI auch deshalb lange unterstützt, weil sie an die Mission der Non-Profit-Organisation geglaubt haben. Zumindest dieser Aspekt ist jetzt Vergangenheit."

Musk sicher: Umwandlung ist illegal

Derweil hat sich auch Tesla-Chef Elon Musk eingemischt. Auf X schreibt der Tech-Milliardär: "Man kann nicht einfach eine Non-Profit in eine For-Profit umwandeln. Das ist illegal." In einem anderen Post vergleicht er den OpenAI-Chef mit dem Game-of-Thrones-Fiesling "Littlefinger." Dabei bezieht er sich auf die Figur Petyr Baelish, in der Serie ein gerissener, manipulativer und äußerst strategischer Charakter. Er zieht im Hintergrund die Strippen, um an Macht zu gelangen.

Die Restrukturierung könnte sich derweil auch für Altman persönlich auszahlen: Laut einem "Bloomberg"-Bericht soll der Firmenchef einen Anteil an dem Unternehmen in Höhe von sieben Prozent erhalten. Der Gesamtwert des Unternehmens wird derweil auf 150 Milliarden Dollar taxiert. Damit würde Altman auf einen Schlag um 10,5 Milliarden Dollar reicher. Bisher war Altman nicht an OpenAI beteiligt. Engagements bei anderen Startups haben ihn derweil bereits zum Milliardär gemacht.

KI-Experte Pham zufolge muss OpenAI jetzt liefern, wenn das Unternehmen die Bewertung rechtfertigen will. Und da sei es natürlich problematisch, wenn so viele Top-Talente das Unternehmen verlassen. "Aber mit der neuen Struktur steht OpenAI vielleicht auch erst ganz am Anfang einer neuen Reise hin zu einem der wichtigsten Tech-Unternehmen der Welt."

Quelle: ntv.de, mit DJ/dpa/rts

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